Die Comic-Komiker

Edd & Lefou mit »Swooosh« in der UFA-Fabrik

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 3 Min.

Schade, dass sie sich Comedians nennen. Denn anders als ihre viel – und nicht immer gut – plappernden vermeintlichen Berufskollegen halten Edd und Lefou die ganze Bühnenshow über den Mund und lassen nur Gesicht und Körper sprechen. Das jedoch perfekt. Das Berliner Künstlerduo Nils Hellmuth und Steffen Lemke ist für die Produktion »Swooosh« (mittwochs bis samstags in der UFA-Fabrik) in die Welt des Comics abgetaucht. Es hat aus ihr zwei Figuren hervorgezerrt: den glatzköpfigen und sich gern martialisch gebenden Edd und den dank gewaltiger Haartolle noch länger und extrem verletzlich wirkenden Lefou.

Sie lehnen sich nicht unabsichtlich an das legendäre Paar Laurel & Hardy an. Das amerikanisch-englische Duo war – neben Charly Chaplin – die wohl komischste Ausprägung vom Leben kurz vor und kurz nach der großen Depression. Edd und Lefou nun haben das Zeug dazu, eines Tages als die künstlerischen Protagonisten jener vor allem aus schnodderiger Gewalttätigkeit bestehenden Berliner Straßenkultur erinnert zu werden – in die immer mal wieder ein sentimentaler Blitz fährt.

Die beiden gelernten Pantomimen, die sich jetzt marktgemäß als Comedians bezeichnen, entwickeln aus eher gewöhnlichen Situationen urkomische, technisch brillante und stilistisch vielfältige Sequenzen. Aus einem Bierbüchsen-Besäufnis entsteht ein Duett zwischen Edd und einer zum greinenden Kind mutierten Dose; Edd reißt das schreiende Etwas schließlich entzwei – und starrt dann so entsetzt auf seine zu Mordwerkzeugen gewordenen Pranken, dass man noch von den hintersten Stuhlreihen die Blutspur darauf zu erkennen glaubt. Das vorangegangene Picknick hatte bereits zum Kollaps von Edd geführt. Lefou greift nun in den Magen seines Partners und fördert – possierlich sichtbar gemacht durch kleine Trickfilmsequenzen – die die Verdauung störenden Teile zu Tage. Ein Streit zwischen beiden artet in eine in Zeitlupe ausgeführte Prügelorgie aus, während der die Körper der Kämpfer zu schweben scheinen. Herrlich auch der Rotz- Rap, den sie aus Husten und Niesen kreieren und so die Krankheit zur Grundlage künstlerischer Betätigung erheben.

Unterstützt wird die mimisch, gestisch und tänzerisch ausgefeilte Show von punktgenau gesetzten Geräuschen und den vom Comic-Künstler Scharwel gefertigten Animationsfilmen. Der Trickfilm als künstlerisches Mittel erlaubt es Edd und Lefou, die Grenzen der Körperlichkeit immer wieder zu überschreiten. Sie kehren zwar stets in die Welt der Schwerkraft zurück. Der Spalt allerdings, der zwischen der verspielten, mitunter auch brutalen Ideenwelt des Comics und dem durch reale Körper bestimmten Universum besteht, bringt ein beträchtliches Maß an Poesie, Tragik und natürlich Humor hervor.

Edd & Lefou sind Narren in altem Sinn: Sie machen Lachen, doch unter dem Lachen stecken manchmal auch ein Weinen und ein Erschrecken. Die beiden Absolventen der Berliner Schule für Pantomime, Clownerie und Animation sind sogar so sehr dem alten Berufsbild des Narren verhaftet, dass sie zu Firmenevents und Kongressen mit einzelnen Nummern auftreten.

Bis 22.8., UFA-Fabrik, Viktoriastraße 10-18, Tempelhof, Karten 15/19 Euro, Info: 75 50 30

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