Die Erben von Kummerow

Angermünde feiert morgen den 125. Geburtstag des Schriftstellers Ehm Welk

  • Steffi Prutean, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein buntes Völkchen zieht durch die Uckermark. Manche haben eine Schürze umgebunden oder tragen historische Hüte, anderen schaukelt ein Picknickkorb am Arm. »Nur barfuß oder in Holzschuhen geht keiner«, sagt Eckard Kolle aus Biesenbrow, dem Geburtsort des Dichters Ehm Welk (1884-1966).

An diesem Wochenende wird im Nordosten Brandenburgs der 125. Geburtstag des Dichters gefeiert. Dazu wird am Sonnabend die Völkerwanderung nachgestellt, der der Dichter in seinem bekanntesten Werk »Die Heiden von Kummerow« (1937) ein Kapitel gewidmet hat. In Angermünde, wo Ehm Welk zur Schule ging, sind am Sonntag ein Fest und am Montag ein Symposium geplant.

Der Dichter beschreibt, wie sich die Leute aus Kummerow (gemeint ist Biesenbrow) auf den Weg nach Randemünde (Angermünde) machen und was sie unterwegs erleben. Zur Einstimmung auf die 17 Kilometer lange Tour spielen Schüler eine Szene aus dem Buch, messen sich die Wanderer in Welsow mit den Dorfbewohnern beim Tauziehen. In Kerkow steht ein Schubkarrenrennen an. »Und wie im Buch bekommen wir beim Pastor Kaffee und Kuchen«, sagt der 65-jährige Mitorganisator vom Landkulturverein Biesenbrow »Die Erben von Kummerow«, der die Tour zum dritten Mal organisiert. Erwartet werden mehr als 70 Teilnehmer. Kolle berichtet, dass immer mehr Besucher in den Geburtsort des Dichters kommen und wissen wollen, was nun an den Geschichten wahr und was erfunden sei. »Diese Frage ist auch Ehm Welk gestellt worden.« Doch der habe immer nur verschmitzt gelächelt. »Die Antwort nahm er mit ins Grab.«

Welk verbrachte seine letzten Lebensjahre in Mecklenburg-Vorpommern, wo er 1966 in Bad Doberan starb. Dort gibt es eine Gedächtnisstätte. Im Angermünder Ehm-Welk- und Heimatmuseum informieren sich jedes Jahr rund 2500 Besucher über Leben und Wirken des Dichters. Er habe Angermünde als seine geistige Heimat bezeichnet, sagt Wolfgang Blaschke, fachlicher Leiter des Museums. Der Autodidakt Welk schrieb rund 20 große Werke, verfasste Theaterstücke und Leitartikel. 1934 wurde er mit Berufsverbot belegt, kam kurzzeitig ins Konzentrationslager. Welk gab auch Bücher heraus, darunter »Leuchtendes Land« von Luis Trenker. Im Museum sei kürzlich ein Junge mit seinem Vater aus Bayern aufgetaucht, erzählt Blaschke. Das Kind hatte das Buch »Die Lebensuhr des Gottlieb Grambauer« gelesen und wollte nun alles über Ehm Welk wissen. »Das gibt es noch, dass Bücher echte Begeisterung auslösen«, meint Blaschke. Die Familie machte Urlaub auf den Spuren des Dichters, fuhr auch nach Rügen, wo der Film »Die Heiden von Kummerow« 1966 von DEFA und UFA gedreht worden war. Die »Heiden«-Bücher erreichten ein Millionenpublikum. Welk schilderte Ereignisse und Charaktere, wie es sie in jedem norddeutschen Ort geben könnte, erklärt Blaschke.

In seinem Testament legte der Schriftsteller fest, dass Schüler aus dem Kreis Angermünde ein Stipendium erhalten, die sich durch Hilfsbereitschaft, Ausdauer und das Bemühen um gute Leistungen auszeichnen. Es wird seit 1974 an Zehntklässler und Abiturienten vergeben. Alle zwei Jahre wird zudem der Ehm-Welk-Literaturpreis verliehen. »Wenn ich unterwegs bin und den Namen Ehm Welk höre, ist das für mich Heimat«, sagt Angermündes Bürgermeister Wolfgang Krakow (SPD). »Ehm Welk ist aus meiner Sicht für Angermünde das, was Theodor Fontane für Brandenburg ist.«

Ehm-Welk-Museum, Puschkinallee 10 in Angermünde, Mi. bis So. von 13 bis 17 Uhr

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