Vor Gericht Tat bestreiten, sie aber dem Verteidiger gestehen?

Ein Angeklagter bestreitet auf Grund dürftiger Beweislage vor Gericht einen Mord. Dem Verteidiger gegenüber gesteht er ihn jedoch. Wie muss sich der Verteidiger verhalten? Gustav S., 03046 Cottbus

Zunächst muss wiederum betont werden, dass im Ratgeber keine Empfehlungen für den Einzelfall gegeben werden können - schon gar nicht für einen Verteidiger. Im Übrigen kann ein solches Verhalten des Verteidigers nur aus der Kenntnis der Gesamtumstände heraus, der Kenntnis der Persönlichkeit des Mandanten und der Aktenkenntnis abgeleitet werden. Es muss z. B. schon gar nicht zutreffen, dass der Mandant wirklich die Tat begangen hat (es gibt genügend falsche Geständnisse). Jedoch darf im Allgemeinen dazu folgendes gesagt werden: Der Verteidiger ist nicht der Ankläger und auch nicht das Gericht. Es ist nicht Aufgabe des Verteidigers, Straftaten aufzudecken oder aufzuklären und etwaige Mängel in der kriminalistischen Arbeit auszugleichen. Er ist Verteidiger seines Mandanten und hat demgemäß alles zu tun, um durch die Verteidigung ein bestmögliches Ergebnis für den Mandanten zu erreichen. Zum anderen ist der Verteidiger im Einklang mit dem notwendigen Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Mandant gesetzlich verpflichtet, das ihm von seinem Mandanten Anvertraute nicht zu offenbaren. Ein Rechtsanwalt, der ihm von seinem Mandanten anvertraute Informationen ohne Absprache mit seinem Mandanten und ohne Entbindung von der Schweigepflicht offenbart, macht sich gem. § 203 StGB der Verletzung von Privatgeheimnissen schuldig und also strafbar. Übrigens gilt diese Schweigepflicht auch nach dem Tod des betreffenden Mandanten. Weiterhin soll daran erinnert werden, dass nach der Prozessordnung ein Angeklagter, der sich - und sei es auch nur teilweise - zur Sache einlässt, danach vernommen wird (vom Gericht, vom Staatsanwalt, evtl. auch vom Nebenkläger oder Nebenklägervertreter sowie auch möglicherweise von seinem Verteidiger). Es muss daher immer sehr eindeutig erklärt werden (über ein pauschales Bestreiten hinaus), sich zur Sache nicht einzulassen. Denn bei einer teilweisen Einlassung und eventuell anschließenden Vernehmung wird das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung aus dem Verhalten des Angeklagten seine Schlüsse ziehen. Eben deshalb empfiehlt sich oft, entweder vollständig auszusagen (und dann anschließend sich vernehmen zu lassen) oder überhaupt keine Einlassung zur Sache zu machen und dann auch ...

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