Schwerin: SPD-Kandidat lockt junge Familien mit Haus für 230

Kurz vor der Oberbürgermeisterwahl lässt Axel Höhn dubiose Prospekte verteilen

  • Wolfgang Rex, Schwerin
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Am Sonntag beginnen die Oberbürgermeisterwahlen in Rostock, Schwerin und Wismar. Die Wahl in der Landeshauptstadt wird von einem Skandal begleitet.

Während eines Hörerforums des NDR wurde SPD-Kandidat Axel Höhn von den Bewerbern aller anderen Parteien kritisiert. Der Baudezernent in Schwerin ist derzeit auch Stellvertreter des amtierenden Oberbürgermeisters Johannes Kwaschik. Höhn ließ dieser Tage in alle Hausbriefkästen Faltblätter einwerfen. Darin wirbt er für ein Hausbauprogramm, das angeblich jungen Familien helfen soll. Der Prospekt weist zwar nicht direkt auf die Wahl am Sonntag hin. Höhn stellt sich aber kurz davor so dar, als wäre das Programm für junge Familien sein Projekt. Außerdem verwendet er das Logo von Schwerin, als handelte es sich um ein amtliches Programm der Landeshauptstadt. Unter dem Titel »Schwerin 50 plus« werden jungen Familien scheinbar vorzügliche Konditionen für einen Hausbau angeboten. Im Faltblatt werden Kredite von 50000 Euro zu 2,5 Prozent Zinsen angeführt, die eine Design Bau AG ausreichen will. Für jedes Kind soll es 5000 Euro zum gleichen Zinssatz geben. Dazu kämen noch die Fördermittel aus einem »Landesprogramm Junge Familien«. Höhn suggeriert schon auf der ersten von sechs Seiten, junge Familien könnten mit seinem Modell für 230 Euro pro Monat ein Haus bauen und unterhalten. Die Gesamtkosten für Grundstück, Hausbau und Nebenkosten werden mit 173000 Euro angegeben. Gerd Böttger, der PDS-Kandidat für den Oberbürgermeisterposten, erklärt, dass ein Landesprogramm für junge Familien tatsächlich existiert. Sie sollen in den Städten gehalten werden und nicht in das Umland ziehen oder gar aus Mecklenburg-Vorpommern abwandern. Ihnen würden billig Bauland sowie günstige Finanzierungen geboten. Schwerin hat dafür Bauland in der Nähe des alten Friedhofs ausgesucht. Aus einem Wettbewerb sei ein Bauträger als Sieger hervorgegangen, aber nicht der, den der SPD-Kandidat in seinem Faltblatt vorstellt. Auf dem Faltblatt firmiert als Träger auch die Deutsche Vermögensberatung (DVAG). Deren Schweriner Vertreter Carsten C. Rönndahl-Vogt wird als Freund von Höhn bezeichnet. Mitglieder der SPD-Stadtvertreterfraktion wollen gehört haben, dass zwei Spenden aus dieser Richtung an Höhn flossen. Der lokale DVAG-Chef finanzierte eine Umfrage unter Jugendlichen zum künftigen Schweriner OB. Da wurde im Gegensatz zu allen anderen Umfragen SPD-Mann Höhn klarer Sieger. Die PDS-Stadtvertreterfraktion will einen Sonderausschuss einberufen, der die Vorwürfe gegen Höhn klären soll - nach den OB-Wahlen. Auch eine Gemeinschaftseinrichtung der Schweriner Industrie- und Handelskammer, der Handwerks- sowie der Architekten- und der Ingenieurkammer protestierte gegen Höhns Aktion. Sein Faltblatt suggeriere, dass es sich »um ein vorteilhaftes und zugleich öffentlich geprüftes Angebot handelt«. Edmund Haferbeck vom »Bundesverband zum Schutz vor Rechtsmissbrauch« wirft Höhn vor, »unverhohlene Werbung für einen Bauträger mit nicht gerade gutem Leumund« zu betreiben. Die von Höhn in Aussicht gestellte Förderung in Höhe von 50000 Euro beurteilt Kritiker Haferbeck so: »Ein Strukturvertrieb, wie es die DVAG ist, kann keine Finanzierungen vornehmen und geriert sich allein als Makler und Vermittler. Verbraucher, die sich mit dieser dubiosen Kloppertruppe einlassen, laufen Gefahr, mit Versicherungsvermakelungen überrumpelt zu werden, das Urgeschäft der DVAG.« Haferbecks Erklärung ist überschrieben mit »Korruption und Amtsmissbrauch im OB-Wahlkampf - Wahlen anfechtbar«. Auch gestern meldeten sich wieder Schweriner, die drei Tage vor der Wahl noch keine Benachrichtigungskarten erhalten hatten. Als künftiger OB wird PDS-Kandidat Gerd Böttger favorisiert. Falls er nicht schon am Sonntag die nötige absolute Mehrheit aller Stimmen erreicht, dürfte es spannend sein, wer mit ihm in die Stichwahl am 28. April geht. Vor dem Aufdecken des Skandals lag Höhn in Umfragen auf dem zweiten Platz, ...

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