Maßlose Angriffe gegen Platzeck und Kaiser

Koalitionsverhandlungen: Der Beschuss schweißt zusammen /

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Nichts verbindet so stark wie ein gemeinsamer Gegner. Diese menschlich-politische Grunderfahrung erweist sich derzeit in den Koalitionsverhandlungen in Potsdam. Mit zum Teil maßloser Kritik und Beschimpfung werden die Koalitionspartner überzogen, die in Verhandlungen zu einer möglichen rot-roten Regierung stehen. Sowohl auf SPD als auch auf die LINKE hat das eher ungewollte Auswirkungen: Zum einen schweißt sie beide Verhandlungspartner eng zusammen. Zum anderen ist damit der SPD inzwischen jeder Rückzug Richtung CDU verbaut.

Eine Regierungsbeteiligung der LINKEN, die es in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin bereits gibt, hat im gegenwärtigen brandenburgischen Beispiel zu einer Art Wutentäußerung geführt, für die sich schwerlich Parallelen finden lassen. Vor allem Ministerpräsident Matthias Platzeck ist ins Fadenkreuz geraten.

Dieser Tage forderte er seine Kritiker auf, den »Schaum vor dem Mund« doch endlich abzuwischen. Eine so geballte und substanzielle Ablehnung ist eine Erfahrung, die Platzeck innerhalb der eigenen Partei jedenfalls bisher noch nicht sammeln musste. Enttäuscht sind SPD-Mitglieder wie Stephan Hilsberg und Markus Meckel, die Platzeck öffentlich dafür angreifen, dass er mit der Linkspartei auch nur verhandelt. Offenbar galt Matthias Platzeck einem Teil der SPD-Nomenklatur als Garant dafür, dass die LINKE auch fürderhin von der Regierungsverantwortung abgedrängt bleibt.

Auch die zurückgewiesene CDU vergiftet auf ihre Weise das politische Klima. Platzeck war seitens der Spitzenkandidatin Johanna Wanka mit dem Vorwurf konfrontiert, er habe Verrat an der Wende begangen. Einer politischen Wende übrigens, die nicht von der Ost-CDU eingeleitet worden war. Für andere zeigt Platzeck nun sein »wahres Gesicht«. Platzeck wiederum kontert mit der Bemerkung, von der CDU kämen »steile Sprüche«. Sie selbst arbeite auf kommunaler Ebene längst und lange mit der LINKEN zusammen und also sei die vorgetragene Abscheu »pharisäerhaft«. Auf die ungeklärten Machtverhältnisse in der CDU angesprochen, sagte Platzeck, die CDU sei »in einer Umbruchphase von der keiner weiß wie sie ausgeht«.

Teile der Medien führen derzeit auch eine Kampagne gegen LINKE-Verhandlungsführerin Kerstin Kaiser, wobei Dinge aufgewärmt werden, die seit langem bekannt sind. Dass sie als Studentin für das Ministerium für Staatssicherheit tätig war, hat sie selbst vor 15 Jahren öffentlich dargelegt, sie selbst hat sich dem Thema gestellt, wo immer es aufkam. Sie hat ihr damaliges Verhalten bedauert, verurteilt und sich öffentlich entschuldigt. Als wäre das alles nicht gewesen, muss sie mit Angriffen auf niedrigstem Niveau leben. Abgeklärt hat sie selbst kürzlich gesagt, dieses Thema werde sie wohl Zeit ihres Lebens verfolgen.

Den Verhandlungen selbst scheint dieser Druck nicht zu schaden. Relativ zügig werden die Punkte abgehandelt. Strittiges gibt es und unterschiedliche Meinungen prallen aufeinander. Aber durch die äußeren Angriffe sind die Partner erst recht zum Erfolg verdammt. Jahrzehntelang war das Verhältnis zwischen SPD und LINKE (PDS) eher frostig. LINKE-Landeschef Thomas Nord dazu: »Am Verhandlungstisch sitzen zwei Parteien, die sich in der Vergangenheit nicht besonders gemocht haben.«

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