Schwarzhemden haben ausgestürmt

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verbietet Nazi-Organisation »Frontbann 24«

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat die braune Kameradschaft »Frontbann 24« verboten. Um 6 Uhr klingelten Polizisten bei den beiden mutmaßlichen Führungsmitgliedern Gesine Hennrich und Uwe Dreisch und durchsuchten deren Wohnungen. Dreisch gilt als Chef der Nazi-Organisation, ihm wurde die Verbotsverfügung zugestellt. Nach Angaben der Senatsverwaltung für Inneres hatte der »Frontbann« zuletzt 40 bis 60 Mitglieder. Die Kameradschaft galt als die am schnellsten wachsende Berliner Neonazi-Organisation und »wies in Vorstellungswelt und Gesamtstil eindeutig eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus auf«, hieß es in einer Mitteilung des Innensenats.

»Frontbann 24« orientierte sich bei der Namensgebung am historischen Vorbild, der Sturmabteilung (SA) der NSDAP. Nachdem die SA nach dem Putschversuch Hitlers 1923 verboten wurde, gründete der spätere SA-Chef Ernst Röhm den »Frontbann« im April 1924. Er hatte mehrere zehntausend Mitglieder. Ein Jahr später strömten die meisten von ihnen zurück in die wieder zugelassene SA.

Die Mitglieder des gestern verbotenen »Frontbann 24« traten öffentlich uniformiert auf – in schwarzen Hemden mit Reichsadler auf der Brust und dem Schriftzug »Frontbann 24« am Kragen. »Bei der Durchsuchung wurde geguckt, ob weiteres Material gefunden werden kann, das das Verbot stützt oder Straftatbestände erfüllt«, erklärte Körtings Sprecherin Nicola Rothermel.

»Wir begrüßen das Verbot«, sagte die Leiterin der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR), Bianca Klose, gegenüber ND. »Diese Kameradschaft hat sich als stark eskalierender Faktor in der rechtsextremen Szene erwiesen.« Die mutmaßlichen Mitglieder hätten sich in den letzten Monaten durch Einschüchterung und Bedrohung hervorgetan. Dazu gehörte das gezielte Aufsuchen zivilgesellschaftlicher Veranstaltungen wie beispielsweise vor einigen Wochen beim Fest für Demokratie am S-Bahnhof Oberschöneweide. Auch das uniformierte Auftreten der »Frontbann«-Mit- glieder dient in erster Linie der Einschüchterung, meinte Klose, die auf einer Demonstration der Kameradschaft selbst öffentlich bedroht wurde.

»Viele der aktiven Frontbann-Mitglieder kamen von der NPD«, sagte Ulli Jentsch vom antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (apabiz). Ihr Auftreten überhaupt sei Ausdruck des Richtungsstreits innerhalb der Berliner NPD. Es gebe scharfe Kritik am jetzigen Berliner NPD-Landeschef Jörg Hähnel, weil der den Kontakt zur aktivistischen Naziszene vernachlässige. Sein Vorgänger Bräuninger habe die Integration der Kameradschafts- und Hooliganszene geschafft und eher ein Konzept von Bewegungspartei verfolgt, weiß Jentsch. Ein Teil der Gründungsmitglieder um Gesine Hennrich käme vom Kreisverband Marzahn-Hellersdorf. Hennrich war dort Vorsitzende, bis sie von Hähnel aus der Partei gemobbt wurde.

»Ein großer Teil der Gründungsmitglieder rekrutierte sich aus dem komplett aus der NPD ausgetretenen Kreisverband 6, Treptow-Köpenick«, sagte Verfassungsschutzsprecherin Isabelle Kalbitzer. Mit den »Frontbann«- Hemden seien die Neonazis Ende 2008 erstmals aufgetreten.

Die Nazis wollen nun prüfen, inwieweit sie die Verbotsverfügung veröffentlichen dürfen, um – als juristische Hilfestellung – Verbote für andere Vereinigungen schon »im Vorfeld« ausschließen zu können, schreiben sie auf ihrer Homepage.

Bianca Klose hat also recht, wenn sie sagt, dass ein Verbot nur eine »ergänzende Maßnahme« zum Engagement aller gegen Rechts sein könne. »Das Problem ist damit nicht erledigt.«

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