Schleichwege nerven Bahnfahrer

VBB kritisiert Zustand des Streckennetzes: Die Investitionen der DB reichen nicht aus

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: 3 Min.

Auf vielen Strecken im Bereich des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) mutet eine Fahrt mit der Bahn für die Passagiere archaisch an. Vor allem im Regionalverkehr holpern und schleichen die Züge nervend langsam über Brandenburgs Gleise. Sehr zum Ärger der Reisenden und des Verkehrsverbundes. Der VBB untersucht jährlich den Zustand des Streckennetzes in Berlin und Brandenburg und kam zu einem traurigen Ergebnis, das VBB-Geschäftsführer Hans-Werner Franz gestern präsentierte. »Das Schienennetz hat sich nicht verbessert«, sagte Franz. Das zeige die VBB-Qualitätsanalyse.

Danach stellte der VBB insgesamt 685 Streckenabschnitte fest, auf denen immer noch langsamer gefahren werden müsse als vorgesehen. Das mache eine Gesamtlänge von rund 587 Kilometern aus. »Somit sind etwa 13 Prozent des Netzes nicht mit der eigentlichen Streckengeschwindigkeit befahrbar«, bemängelte der VBB-Chef. Die Folge: Bahnreisende im Nahverkehr sind nach den Untersuchungen des Verbundes täglich rund 4000 Stunden länger auf der Strecke als nötig. »Wenn jemand die gesamten 587 Kilometer abfahren würde, müsste er drei Stunden und 44 Minuten mehr im Zug verbringen«, machte Hans-Werner Franz deutlich.

48 Prozent der Geschwindigkeitseinbrüche seien auf Mängel wie marode Brücken zurückzuführen. »Von den in der Analyse aufgeführten Mängeln bezeichnet die Bahn übrigens nur drei Prozent als Langsamfahrstellen«, kritisierte der VBB-Chef. Die restlichen 45 Prozent zähle das Unternehmen nicht mit, da sie älter seien und im Fahrplan schon berücksichtigt. Nur gut zwei Prozent der Langsamfahrstrecken bestehen laut Verbund infolge von Baustellen.

Als geradezu absurd bezeichnete Franz, dass die Bahn auf der Strecke Berlin-Dresden parallel eine Schnellbuslinie anbiete. Gerade der Regionalverkehr, der die meisten Fahrgastzuwächse und damit hohe Gewinne für den Bahnkonzern erwirtschafte, dürfe nicht ins Abseits geraten. Der Bund investiere zu wenig, es fehle rund eine Milliarde Euro.

»Angesichts der vielen lang andauernden Mängel und der zahlreichen veralteten Anlagen ist nicht nachzuvollziehen, dass gleichzeitig die Gewinne von DB Netz unverhältnismäßig steigen«, so die Kritik des VBB-Geschäftsführers. Seit 2005 seien die Gewinne von 17 Millionen auf 670 Millionen Euro im vergangenen Jahr geklettert. Und das Schienennetz werde schließlich mit Steuergeldern gebaut. Es sei nicht akzeptabel, dass nicht ausreichend Mittel in die Erhaltung und Modernisierung von Anlagen und Strecken reinvestiert werden.

Der Deutsche Bahnkunden-Verband (DBV) teilt die Kritik des Verbundes. »Durch den drastischen Personalabbau ist die Bahn nicht mehr in der Lage, notwendige Instandhaltungen vorzunehmen«, so Frank Böhnke vom Landesverband Berlin-Brandenburg. »Die Leidtragenden sind die Fahrgäste und alle Steuerzahler.«

Ingolf Leuschel, Konzernbevollmächtigter der Bahn für das Land Berlin, meinte zur VBB-Analyse: »Im aktuellen Fahrplan gibt es 16 Prozent weniger Mängelstellen als 2008.« Der Rückgang seit 2002 betrage sogar 44,5 Prozent. Im Budget der Bahn seien für das laufende Jahr 17,8 Millionen und für kommendes Jahr 18,9 Millionen Euro bereitgestellt.

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