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Wer darf den Landrat wählen?

Torsten Krause über ein Bürgerbegehren in der Uckermark / Der 28-jährige Politikwissenschaftler sitzt für die LINKE im Potsdamer Landtag und im Kreistag der Uckermark

  • Lesedauer: 3 Min.
Brandenburg: Wer darf den Landrat wählen?

ND: Im Brandenburgischen Landkreis Uckermark übergab eine Bürgerinitiative jetzt 17 000 Unterschriften für die Direktwahl des Landrats. Was ist der Hintergrund dafür?
Krause: Nach der Ende des Jahres 2007 vom Landtag novellierten Kommunalverfassung werden die Landräte in Brandenburg künftig in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl von den Bürgern bestimmt. Bisher wählten die Kreistage die Landräte. Die neue Regelung gilt jedoch erst ab dem 1. Januar 2010. Im April hatte der Kreistag der Uckermark beschlossen, dass der neue Landrat am 10. Januar 2010 in einer Direktwahl gefunden werden soll. Dafür gab es damals eine deutliche Mehrheit mit Stimmen aus allen Fraktionen.

Doch im Oktober, kurz nach der Landtagswahl, änderte die CDU ihre Meinung. Sie argumentierte nun plötzlich, der Landkreis sei ja so hoch verschuldet und es sei nicht sicher, dass die Bürger auch einen tatsächlich geeigneten Kandidaten wählen. Es wurde eine Art informelle Koalition aus SPD, CDU und FDP geschmiedet, die den Beschluss aus dem April kippte. Es sollte nun am 9. Dezember schnell noch nach den alten Bestimmungen im Kreistag der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Bretsch zum Landrat gewählt werden, und die CDU und die FDP sollten zum Dank für ihre Mithilfe jeweils einen neu zu schaffenden Dezernentenposten besetzen dürfen. Die Argumentation ist widersprüchlich. Erst heißt es, der Kreis sei so hoch verschuldet, und dann soll extra Geld für zusätzliche Dezernenten herausgeschmissen werden. Das haben sich die Bürger aber nicht gefallen lassen.

Wer steht hinter dem Bürgerbegehren, für das die 17 000 Unterschriften zusammenkamen?
Das ist eine sehr breite Initiative. Die reicht von den Bündnisgrünen über die LINKE bis hin zur Anti-Windkraft-Initiative »Rettet die Uckermark«, die mit einer eigenen Fraktion im Kreistag vertreten ist. Außerdem haben zum Beispiel Kirchen, Attac und Arbeitsloseninitiativen mitgemacht. Notwendig wären 11 000 Unterschriften gewesen. Wir haben seit dem 20. Oktober mehr als 17 000 Unterschriften gesammelt. Es werden noch Listen nachgereicht. Das Ergebnis zeigt, die Bürger wollen selbst entscheiden, wer Landrat wird.

Ist damit die Wahl im Kreistag am 9. Dezember schon gestoppt?
Noch nicht ganz. CDU und FDP kündigten zunächst an, sie würden das Bürgerbegehren einfach nicht zulassen. Es gab aber ein Gespräch der Kreistagsfraktionschefs mit dem Potsdamer Innenministerium. Dabei signalisierte das Innenministerium, dass es hier im Prinzip keinen Ermessenspielraum für den Kreistag gibt. Wenn die Form erfüllt sei und genügend Unterschriften beisammen seien, müsse der Kreistag das Ergebnis anerkennen.

Wie geht es jetzt weiter?
»Rettet die Uckermark« stellte einen Antrag, die für den 9. Dezember geplante Wahl des Landrats von der Tagesordnung zu nehmen. CDU-Fraktionschef Henryk Wichmann lenkte nach dem Gespräch mit dem Innenministerium ein und möchte sich nun dem Wunsch der Bürger beugen. Darum bin ich ziemlich zuversichtlich, dass der Antrag angenommen wird. Ich erwarte, dass es nun spätestens im Frühling zu einer Direktwahl kommt.

Wird die LINKE einen Kandidaten aufstellen?
Beschlossen ist da noch nichts. Ich kann mir aber vorstellen, dass die LINKE die Kandidatur des früheren grünen Bildungsministers Roland Resch unterstützt. Er will als Parteiloser antreten.

Interview: Andreas Fritsche

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