- Brandenburg
- Brandenburg
Zossen fühlt sich ohne Polizeiwache nicht sicher
Bürgerinitiative erinnert an Probleme mit Rechten und kämpft gegen geplante Schließung im Jahr 2013
Die Polizeiwache in Zossen wird 2013 geschlossen. Das sagte der Pressesprecher des Potsdamer Innenministeriums Ingo Decker. Diese Entscheidung sei vertretbar und verantwortbar. Das sehen über 1500 Bürger von Zossen aber anders: Sie haben eine Petition der Bürgerinitiative »Zossen zeigt Gesicht« unterschrieben und protestieren gegen die Kürzungspläne von Innenminister Rainer Speer (SPD).
Die mittelfristige Schließung der Wache geht auf eine Entscheidung von Speers Amtsvorgänger Jörg Schönbohm (CDU) aus dem Jahr 2006 zurück. Abwanderung und Finanzschwäche gelten als Gründe für die Umstrukturierung der Polizeiwachen. Im Schutzbereich Teltow-Fläming wurden bereits 60 Polizistenstellen gestrichen und geplant ist der Abbau von weiteren 20 bis 22 Stellen. Bis 2012 soll die Stellenzahl bei der Landespolizei um 935 gekürzt werden.
Laut Innenministerium gilt der Wachbereich Zossen nicht als kriminalpolizeilicher Schwerpunkt. Die Kriminalitätshäufigkeit liege unter dem Durchschnitt des Polizeipräsidiums Potsdam und des Schutzbereichs Teltow-Fläming. Im Jahr 2009, sagt Decker, sei sogar ein leichter Rückgang der Kriminalitätsfälle festgestellt worden.
Die Bürgerinitiative bewertet die Situation abweichend. Im Schutzbereich Teltow-Fläming sei Zossen die Wache mit der höchsten Einsatzdichte und die Stadt wegen ihrer Nähe zu Berlin besonders von Kriminalität betroffen. Seit 2008 komme zunehmender Rechtsextremismus hinzu. »Wir haben hier mit den Rechten zu tun, da kann doch die Polizeiwache nicht geschlossen werden«, wendet Hiltrud Preuß, die Sprecherin der Bürgerinitiative, ein.
Personalengpässe bei der Polizei gebe es auch durch einen steigenden Krankenstand. »Die verbleibenden Polizisten sind permanent überlastet«, argumentiert Preuß. Das bestätigt indirekt der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Schuster. Wegen des derzeitigen Personalmangels verdichte sich die die Arbeit der Polizisten massiv, sagt er.
Für Zossens Bürger wäre der Weg zur nächsten Polizeiwache künftig weit. Eine Wache befindet sich im 40 Kilometer entfernten Ludwigsfelde, eine weitere liegt zirka 25 Kilometer von Zossen in Luckenwalde. Wenn die Bahnschranke runter ist, dauert die Anfahrt überdies länger.
Die Schließung der Polizeiwache, erklärt Decker, mache aus Zossen kein »polizeifreies Gebiet«. Streifen und Revierpolizisten wären selbstverständlich weiter im Einsatz. Nur die kriminalpolizeiliche Sachbearbeitung würde nach Luckenwalde und Ludwigfelde verlegt. Die Koordinierung des Dienstes übernehmen dann Ludwigsfelde und Potsdam. Für die Revierpolizisten sollen in Zossen Büroräume angemietet werden. »Die Befürchtungen mancher Bürger vor Ort hinsichtlich der künftigen Sicherheit sind aus unserer Sicht unbegründet«, versichert Decker.
Bis vor kurzem war Preuß bezüglich ihrer Petition noch zuversichtlich. Der Widerstand werde von der Bevölkerung getragen und könne deswegen nicht ignoriert werden. Doch inzwischen haben die Wohnungsgesellschaft Märkische Heimat und das Finanzministerium einen Vertrag unterschrieben. Dieser sieht den Bau einer neuen Polizeiwache in Ludwigsfelde vor und damit rückt die Schließung der Zossener Polizeiwache näher.
Preuß ist enttäuscht. Schließlich habe sich die SPD wie auch die LINKE vor den Wahlen gegen die Schließungspläne ausgesprochen. Auch der Kreistag Teltow-Fläming habe sich vorher dagegen geäußert.
Trotzdem sammelt »Zossen zeigt Gesicht« weiter Unterschriften. Bis Ende des Jahres sollen diese dem Petitionsausschuss des Landtags überreicht werden. »Wir wollen, dass der Neubau der größeren Wache in Ludwigsfelde für ein Jahr ausgesetzt wird, die Schließungspläne überprüft werden und die Mindestgröße für einen Schichtbetrieb in der Zossener Wache gewährleistet bleibt«, fordert Preuß.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!
In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!