Kahlschlag bei der Güterbahn

DB-Pläne in Ostdeutschland eine »schöne Bescherung« für Mensch und Umwelt

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

Gegen drastische Kahlschlagspläne im Schienengüterverkehr in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und dem südlichen Brandenburg protestieren Betriebsräte und Gewerkschafter.

Das Management der Deutsche-Bahn-Tochter DB Schenker Rail möchte die bestehenden Ausbesserungswerke der Güterbahn für Loks und Waggons in Magdeburg-Rothensee, Senftenberg, Saalfeld und Dresden sowie den traditionsreichen Güterbahnhof Dresden-Friedrichstadt schließen. In der betroffenen Region sollen zudem 21 Güterverladezentren aufgegeben werden, die bisher der Verladung von Waren auf einzelne Waggons dienten. Dadurch und mit Hilfe eines kräftigen Abbaus der Stellen von Lokführern, Rangierern und anderen Beschäftigten rund um die Güterbahn sollen bis 2011 allein in diesem Bereich weitere 800 Stellen verschwinden. Das Magdeburger Werk war erst vor knapp zehn Jahren eingeweiht worden.

Nach der Umsetzung dieser Pläne werde dem Betrieb endgültig die Fähigkeit genommen, flächendeckend Güterverkehr im Osten der Republik zu betreiben, kritisiert ein Betriebsrat und Mitglied der Bahngewerkschaft Transnet, der nicht namentlich genannt werden möchte. Nach vier großen Restrukturierungen, Bahnreform, Verlagerung des Güterverkehrs zum Ladungsverkehr, Gründung der DB Cargo AG sowie der DB Schenker AG und vielen kleineren Rationalisierungsmaßnahmen sei ohnehin nicht mehr viel vom Güterverkehr im Osten übrig geblieben. Es sei »ein Treppenwitz der Geschichte«, dass parallel zur Kopenhagener Klimakonferenz die Bundesregierung mit ansehe, wie das umweltfreundlichste Verkehrsmittel Bahn aus dem Markt gedrängt werde, so der Betriebsrat. Gewerkschafter befürchten, dass der vom Management vorgegebene Schrumpfkurs potenzielle Neukunden abschreckt und so eine Spirale nach unten auslöst.

Die unter dem Vorwand eines krisenbedingten Auftragseinbruchs anvisierten Kahlschlagsmaßnahmen haben Tradition. So beklagen sich Beschäftigte aus dem Schienengüterverkehr, dass seit Jahren Anlagen für den Rangierbetrieb auf Verschleiß gefahren würden. Seien dann Inspektionen oder Reparaturen unumgänglich, so diene dies öfters als Vorwand, Anlagen stillzulegen. So seien mehrfach Rangierbremsanlagen außer Betrieb genommen und damit ein Rückfall in die »rangiertechnische Steinzeit« zu Beginn des 20. Jahrhunderts eingeleitet worden. Vielfach müssten Rangierer und Lokführer wieder vor und nach der Durchfahrt die Weichen von Hand bedienen; dies bedeute körperliche Schwerstarbeit, Verschleiß und lange Verzögerungen im Betriebsablauf. Zudem gebe es unter dem Zwang der Börsenfähigkeit der staatlichen DB AG seit Jahren Konflikte zwischen DB-Töchtern, weil die Güterbahn Gleise von der Netz AG mieten müsse und die Netz AG wiederum von DB Schenker Rail eine Kostenbeteiligung für die Instandhaltung der Gleise erwarte.

Die Absichten der Unternehmensführung offenbaren den »Verlust jeglichen unternehmerischen Weitblicks« und zeugen von einer »Ignoranz des Managements gegenüber den Interessen der Beschäftigten«, kritisieren die Transnet-Bezirksvorstände in der Region Süd-Ost die Abbaupläne. Statt Rückzug und Kahlschlag sei gerade jetzt »ein Offensivkonzept nötig, um die Wirtschafts- und die Klimakrise als Chancen für eine nachhaltige Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene zu begreifen und entsprechend zu handeln«. Dass die Kürzungspläne kurz vor Weihnachten bekannt werden, werfe ein zusätzliches Licht auf die Unternehmenskultur in diesem Bereich.

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