Schlechte Chancen für Ältere

Studie untersucht Situation der über 55-Jährigen auf dem regionalen Arbeitsmarkt

  • Katharina Zeiher
  • Lesedauer: 3 Min.

Es sieht nicht gut aus für ältere Arbeitnehmer. Zwar gehen heute mehr Menschen zwischen 55 und 64 einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach als noch vor einigen Jahren. Doch neue Jobs für Ältere gibt es besonders im Bereich der einfachen – und häufig schlecht bezahlten – Dienstleistungen. Und für mehr als die Hälfte aller älteren Erwerbslosen in Berlin und Brandenburg ist die Arbeitslosigkeit dauerhaft. Ihre Chancen, wieder selbst Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen, stehen schlecht.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Situation Älterer auf dem regionalen Arbeitsmarkt untersucht hat. Hintergrund des Reports ist die demografische Entwicklung: Bis zum Jahr 2025 wird eine Zunahme des Anteils Älterer auf 30 Prozent der insgesamt Erwerbstätigen prognostiziert.

Angesichts dessen habe man die These untersuchen wollen, ob sich die Beschäftigungssituation zwischen 2000 und 2008 tatsächlich so gut entwickelt habe, wie häufig behauptet, erklärt IAB-Mitarbeiter und Autor der Studie Dieter Bogai. Das Fazit ist gemischt: Während die Zahl der über 55-jährigen Erwerbstätigen in Berlin leicht sank, stieg sie in Brandenburg. Für beide Regionen aber zeichnet die Studie ein schlechtes Gesamtbild. Nur ein gutes Drittel der Älteren hatte 2008 einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz. Die meisten Jobs entstehen zudem im Niedriglohnbereich – etwa bei privaten Sicherheitsdiensten. Für Arbeitsplätze im Bereich der Unternehmensdienstleistungen verzeichnet die die Studie eine Zunahme um 34,3 Prozent.

Den Betrieben in der Region bescheinigt die Untersuchung wenig Interesse für die Beschäftigungssituation Älterer und die Gestaltung altersgerechter Arbeitsplätze. Nur ein Prozent der Arbeitgeber bietet überhaupt spezielle Weiterbildungsmaßnahmen an. Arbeitsmarktexperte Malte Behmer von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin bestätigt, dass Betriebe sich mehr Gedanken um ältere Arbeitnehmer machen sollten. »In Zukunft werden wir alle Fachkräfte brauchen, die wir kriegen können«, so Behmer.

Gemischte Ergebnisse liefert die Studie mit Blick auf die Arbeitslosenzahlen: Zwar waren 2008 weniger Personen über 55 erwerbslos als noch 2000. Für diejenigen aber, die keiner Erwerbsarbeit nachgingen, war dies ein dauerhafter Zustand. 48,7 Prozent der älteren Arbeitslosen in Berlin und 53,2 Prozent in Brandenburg zählten 2008 zu den Langzeitarbeitslosen.

Angesichts der schlechten Integration in den Arbeitsmarkt empfiehlt IAB-Mitarbeiter Bogai einen »gesellschaftlichen Bewusstseinswandel«. Eine »Weiterbildungskultur« sei genauso nötig wie eine gesteigerte Bereitschaft von älteren Arbeitnehmern, zwischen Branchen und Betrieben zu wechseln. »Es kommt darauf an, existenzsichernde Arbeit überhaupt erst einmal zu organisieren«, sagt hingegen Bernhard Jirku, der bei der Gewerkschaft ver.di für den Bereich Erwerbslosenpolitik zuständig ist. »Für Hungerlöhne und einen Minijob pendelt niemand.«

  • Nur rund 35 Prozent in Brandenburg und 30 Prozent in Berlin der zwischen 55- bis 64-jährigen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
  • 40 091 Berliner bezogen im Juni 2008 Arbeitslosengeld; 19,8 Prozent von ihnen waren zwischen 58 und 64 Jahre alt.
  • Über 20 Prozent der älteren Beschäftigten arbeiten in Ordnungs- und Sicherheitsberufen.
  • Der Anteil der Beschäftigten in Altersteilzeit lag in Berlin 2007 bei 14,9 Prozent und war damit nahezu dreimal so hoch wie im Jahr 2000.
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