Rot-Rot an den Ergebnissen messen

Ministerpräsident Platzeck verteidigt seine Koalitionsentscheidung vor Vertretern der Wirtschaft

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat gegenüber kritischen Stimmen aus der Wirtschaft ein leidenschaftliches Bekenntnis zu seinem Regierungsbund mit der Linkspartei abgegeben. Vor Vertretern der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern, der freien Berufe sowie der Heilberufe sagte er neulich bei einem Empfang: »Messen Sie uns an den Ergebnissen und nicht an irgendwelchen Vorurteilen.«

Platzeck sicherte zu, dass die »Grundprinzipien beibehalten« werden. Ihm sei es bei der Entscheidung für die rot-rote Koalition darum gegangen, »alles zu tun, damit diese Gesellschaft zusammenhält«. Wenn aber nach drei Jahren Aufschwung immerhin zwei Drittel der Brandenburger einschätzten, dass es diesen Aufschwung für sie selbst nicht gegeben habe, dann »ist dieser Zusammenhalt gefährdet«, unterstrich er.

Zuvor hatte der Präsident des Landesverbandes der Freien Berufe, Thomas Schmidt, den Ministerpräsidenten gewarnt, politische Experimente seien »fehl am Platze«. Weil das Geld von Investoren »scheu wie ein Reh« sei, müssten die politischen Verhältnisse »verlässlich« sein, hatte er mit Blick auf Platzecks Koalitionsentscheidung gesagt. »Wir brauchen eine stabile Regierung.« Und die Aufarbeitung der Vergangenheit sei noch nicht abgeschlossen.

Platzeck verwies auf Mecklenburg-Vorpommern. Die relativ günstige Lage dort in der heutigen Krisenzeit habe mit einer vorausschauenden Politik in den vergangenen zehn Jahren zu tun. »Und sieben davon gab es unter einer rot-roten Regierung.« Die Politik könne nicht wegsehen und auch nicht einfach unbeirrt weitermachen, wenn die Mehrzahl der jungen Leute, die das Land verlasse, dies aus ungekündigter Stellung heraus tue. Platzeck sagte: »Das muss uns nachdenklich machen.« Doch so lange es an anderen Orten »einen halben Tausender mehr« für die gleiche Arbeit gebe, werde dies ein Problem bleiben.

Platzeck äußerte sich vorsichtig optimistisch zur Lage der märkischen Wirtschaft. Schlimmste Befürchtungen hätten sich nicht bestätigt. Das sei im Deutschland-Maßstab anders, wo für 40 Prozent der im Maschinenbau Tätigen mittlerweile die Aufträge und damit die Arbeit fehlten. Die Infrastruktur in Brandenburg sei inzwischen auf einem Niveau, »dass man damit leben kann«. Doch werde der Wettbewerb härter und: »Nur die Besten werden überstehen.« Angesichts der geringen Zahl der Schulabgänger werde es einen »Wettbewerb um die Köpfe« geben. Nach Platzeck ergriff SPD-Bundestagsfraktionschef Frank Walter Steinmeier das Wort und sagte, dass die Stimmung in Deutschland keineswegs überall so gut sei wie in Brandenburg. Für verschiedene Branchen sei dies »das schlimmste Jahr« in der Geschichte der BRD gewesen. »Wir werden an den Folgen leiden.«

Der Präsident des brandenburgischen Handwerkskammertages, Bernd Ebert, empfahl, sich »nicht verrückt machen zu lassen«. Sicher gebe es Handwerker, die auf Aufträge warten, aber auch solche, die Mühe haben, die Vielzahl der Aufträge zu erledigen. Zweifellos gehe es nicht allen so, aber »für manche war das vergangene Jahr das beste Wirtschaftsjahr überhaupt«. Weil die Krise nicht vorbei sei, bleibe zu hoffen, »dass wir so wenig Kratzer wie möglich« abbekommen.

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