Trigema kämpft bis zum letzten Hemd

Firmeninhaber Wolfgang Grupp kritisiert öffentlich »Gier und Größenwahn« deutscher Unternehmer

In der vergangenen Woche stellte der Unternehmer Wolfgang Grupp, Inhaber und Geschäftsführer der Trigema, auf einem süddeutschen Wirtschaftstag ein scheinbar allgemeingültiges Sprichwort in Frage. Das lautet: Eine (mit Verlaub) Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Dem Mann begegnet man in der Regel vor der »Tagesschau«. Erst kommt der Affe, dem unterlegt die Werbeagentur eine kratzige Stimme: »Hallo Fans, Trigema ist Deutschlands größter T-Shirt und Tennis-Bekleidungshersteller. Trigema produziert mit über 1200 Mitarbeiter nur in Deutschland.« Dann tritt Walter Grupp, der »Alleininhaber und Geschäftsführer« des Textilunternehmens im baden-württembergischen Burladingen, auf. Er wandert vorbei an den langen Reihen emsiger Näherinnen und versichert: »Wir werden auch in Zukunft nur in Deutschland produzieren und unsere 1200 Arbeitsplätze sichern.« Den Spruch mag man ihm nicht so recht abnehmen angesichts der Massenflucht deutscher Textilunternehmer in so genannte Billig-Lohn-Gebiete. Die Lohn- und Lohnnebenkosten seien ruinös, nur in Asien könne man noch mit einem kleinen Rest Gewinn produzieren, lautet die Begründung. Dass dies nicht alles sein kann, was die Unternehmer in Richtung Asien »flüchten« lässt, zeigt sich bei einem Blick über die EU-Grenzen. Im österreichischen Vorarlberg beispielsweise produzieren Dutzende Firmen unter anderem für den deutschen Textilmarkt.

Das Firmenlogo klebt am Urlauberjet
Grupp hatte die Firma 1969 hoch verschuldet vom Vater übernommen. Seit vier Jahren pappt das Firmenlogo auf einer Boeing 737 der Aero-Lloyd. Spätestens da warnten Kritiker vor bösem Erwachen. Das jedoch blieb bislang aus. Auch die Stuttgarter IG Metall sieht keine Veranlassung, den warnenden Finger zu heben. Man wünsche sich mehr von diesen tariftreuen Unternehmern, weiß jedoch auch, wie schwer die guten Beispiele ausstrahlen. Grupp, der »Ausnahme-Unternehmer«, der unlängst seinen 60. Geburtstag gefeiert hat, folgt nicht seinen Textil-Unternehmer-Kollegen, die ihre Produktion in so genannte Billiglohnländer verlagert haben. Er meidet Bankkredite, setzt auf Eigenkapital und rechnet dennoch pro Jahr 82 Millionen Euro Umsatz ab. Die erwirtschaft er unter anderem in 34 so genannten Fabrikverkäufen und verkündete stolz, in 32 Jahren wegen schlechter Wirtschaftsdaten noch niemanden entlassen zu haben. Auch Kurzarbeit ist bei Trigema ein unbekanntes Wort. Den Kindern seiner Mitarbeiter bietet der Chef eine Job-Garantie, Führungskräfte kommen ausschließlich aus dem eigenen »Stall«.

Nur mit Moral schafft man keinen Mehrwert
So versucht er, eine notwendige Führungskultur in der Firma zu sichern. Darum sei es in Deutschland übel bestellt, sagte der Ausnahmeunternehmer Grupp. Vom Pult herab versuchte er Moral nicht als Gegensatz zum Geschäft zu predigen. Ungeniert würden hier zu Lande Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert. Er kenne zu viele Unternehmer und Top-Manager, die von »nackter Gier« und »Größenwahn« getrieben sind. »Diese Leute sind verantwortlich für den Niedergang des einst so hoch gelobten Wirtschaftslandes«, zitierte ihn jüngst ein Lokal-Kollege der Donauwörther Zeitung.
Mit Qualitätsprodukten und einer ungewöhnlichen Moral kann man im Konkurrenzkampf nicht bestehen. Grupp suchte und fand zumeist unkonventionelle Möglichkeiten zu mehr Effizienz. Die Verwaltung seines Betriebes ist mit 32 Mitarbeitern ungewöhnlich schlank und dadurch übersichtlich. Im Wortsinn, denn die Verwalter der Produktion sitzen alle in einem großen Büro - gemeinsam mit ihrem Chef. Die Kalkulationsabteilung löste Grupp auf, die Firma kommt mit einer Bankverbindung aus, zu viel Korrespondenz und Werbemittel werden vermieden. Das wünscht sich Grupp auch von anderen Firmen. Doch solange das eine Illusion ist, hat er seine Sekretärin kurzerhand angewiesen, 40Prozent der täglich einge...

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