Gesoffen bis der Arzt kam

Im Jahr 2008 mussten 728 junge Menschen wegen Alkoholmissbrauchs ins Krankenhaus

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.

Der exzessive Alkoholmissbrauch unter jungen Menschen nimmt auch in Brandenburg stark zu. Unbeeindruckt von Fachkonferenzen, Verboten und Einschränkungen, ministeriellen Rundschreiben und Schullehrplänen bringen sich mehr Kinder und Jugendliche in Gefahr.

Laut Gesundheitsministerin Anita Tack (LINKE) mussten im Jahr 2008 insgesamt 728 Menschen unter 25 Jahren wegen Alkohols im Krankenhaus behandelt werden. Im Jahr 2000 seien es 297 derartige Krankenhausaufenthalte gewesen.

Doch bedrückender falle der Vergleich aus, wenn man sich dabei das Sinken der Gesamtzahl an jungen Menschen vor Augen führt, erklärt Tack. Denn seither hat sich die Zahl junger Menschen halbiert. Stellt man dies in Rechnung, so müsse von einer Vervierfachung des Problems gesprochen werden.

»Bis zum Alter von 15 Jahren sind etwa die Hälfte der Betroffenen Mädchen.« Einer Studie aus dem Jahr 2006 zufolge mussten 35 Jungen unter 15 Jahren wegen einer gefährlichen Alkoholdosis ins Krankenhaus gebracht werden. Das betraf auch 32 Mädchen dieses Alters.

Erst in späteren Jahren neigen die Männer deutlich zu mehr Alkoholmissbrauch als Frauen. Bei den 15- bis 24-Jährigen sind nur noch ein Drittel der aktuell ins Krankenhaus Eingelieferten Mädchen bzw. junge Frauen.

Tack zufolge engagiert sich die Landessuchtkonferenz seit dem Jahr 2002 gegen den Alkoholmissbrauch in Brandenburg. Außerdem gebe es für alle Klassenstufen verbindliche Rahmenpläne, die Kenntnisse über Alkohol und andere Suchtmittel vermitteln sollen. Die Suchtkonferenz wurde mit dem Ziel gegründet, »flächendeckende und nachhaltige Maßnahmen zur Eindämmung des Trinkens von Alkohol« auszuarbeiten und umzusetzen. Um diesem wachsenden Problem zu begegnen, sei ein »Wandel im gesellschaftlichen Bewusstsein nötig«.

Viele Mitbürger gewöhnten sich an das Wegschauen, heißt es in einer ministeriellen Stellungnahme. Es komme darauf an, die Gesetze des Jugendschutzes konsequent durchzusetzen. Hier müssten die Ordnungsämter ihrer Verantwortung gerecht werden. Jugendliche unter 18 Jahren dürften keinen Zutritt zu Veranstaltungen haben, auf denen Spirituosen ausgeschenkt werden. In die Debatte gehöre auch die Tatsache, dass es nur eine Frage der konsumierten Mengen sei, bis Bier und Wein eine ähnliche Wirkung entfalten wie hochprozentiger Alkohol.

Ein vollständiges Alkoholverbot für Jugendliche unter 18 Jahren ist derzeit kein Thema. Oft ist es für Jugendliche nahezu problemlos möglich, in Verkaufsstellen Alkohol zu erstehen.

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