Lady Diana der Preußen

Königin Luise wird zum 200. Todestag geehrt

  • Wilfried Mommert, dpa
  • Lesedauer: 4 Min.

Mit Königin Luise gab es in Preußen schon vor 200 Jahren eine »Königin der Herzen«, die bereits zu Lebzeiten verklärt wurde und deren Nachruhm bis heute ungebrochen ist. »Miss Preußen«, neben Friedrich dem Großen wohl Preußens populärste Herrschergestalt, wird nun mit mehreren Ausstellungen geehrt.

War Luise, die mit 21 Jahren Königin wurde und 1810 mit erst 34 Jahren starb und somit in ihrer jungen Erscheinung in Erinnerung geblieben ist, eine Art »Lady Diana des frühen 19. Jahrhunderts«? Die kollektive Trauer, die nach Luises Tod einsetzte, ist wohl vergleichbar mit der um die 1997 in jungen Jahren ums Leben gekommene Prinzessin von Wales.

Für den britischen Historiker Christopher Clark, Verfasser eines Preußen-Standardwerks, war die in Hannover geborene Luise Auguste Wilhelmine Amalie von Mecklenburg-Strelitz immerhin »eine in der Geschichte der Dynastie beispiellose Figur, eine weibliche Berühmtheit, die in den Augen der Öffentlichkeit Tugend, Bescheidenheit und souveräne Grazie mit Liebenswürdigkeit und äußerer Anziehung vereinte«.

Auch ihr Familienleben galt als glücklich – ungewöhnlich genug, galten harmonische Verbindungen im preußischen Herrscherhaus wie wohl bei fast allen Dynastien, als »überaus selten«, wie es auf der Internetseite des Hauses Hohenzollern (www.preussen.de) heißt.

Luise war aber noch mehr. Sie war Hoffnungsträgerin in Preußens schweren Zeiten. An der Seite ihres wenig entscheidungsfreudigen Ehemannes und Königs Friedrich Wilhelm III. nahm die warmherzige Mutter von zehn Kindern (darunter von zwei späteren Königen und mit Wilhelm I. auch eines deutschen Kaisers) eine Schlüsselstellung im Kampf gegen Napoleons Besatzung ein.

Der französische Herrscher hatte Luises Einfluss erkannt, verspottete sie als »Amazone« oder prangerte sie als Armida an, »die im Wahnsinn Feuer an den eigenen Palast legt«. Napoleon sah in der preußischen Königin »eine Frau mit hübschem Gesicht, aber wenig Geist«, unfähig, die Folgen ihrer Handlungen abzuschätzen und vor allem »Urheberin aller Übel« (geistreich war die wenig gebildete Luise übrigens in der Tat nicht gerade).

Die Abneigung war gegenseitig. Die Königin wollte »lieber in die Hände Gottes fallen« als »diesem Menschen« ausgeliefert zu sein – und musste dennoch 1807 den Gang nach Tilsit antreten, um dem bis dahin siegreichen französischen »Imperator« und Heerführer halbwegs erträgliche Friedensbedingungen für das an der Seite Russlands kämpfende und besiegte Preußen auszuhandeln – vergeblich. Schon wenige Jahre nach diesem historischen Treffen wendete sich allerdings das Blatt gegen den von seiner scheinbaren Allmacht berauschten Kaiser der Franzosen.

Für ihre damalige Popularität und ihren späteren Nachruhm sollte das Treffen von Tilsit von entscheidender Bedeutung werden. Luise nahm als »Schutzgeist deutscher Sache« und stellvertretend für Preußen die Erniedrigungen auf sich. Wenige Jahre später, am 19. Juli 1810, starb Luise auf Hohenzieritz an »gebrochenem Herzen«, so wollte es schließlich die Legende. Ihr zarter Körper sei dem »verzehrenden Kummer erlegen«.

Der preußische Marschall Blücher soll nach der vernichtenden Niederlage Napoleons bei Waterloo 1815 gesagt haben: »Jetzt endlich ist Luise gerächt!«. Der Schriftsteller und kritische Preußen-Kenner Theodor Fontane (1819–1898) hielt das mit dem »gebrochenen Herzen« für Unsinn und prangerte das Phrasenhafte in den Luise-Huldigungen an.

Weniger beachtet wurde bei dem verklärten Bild die politische Rolle Luises bei den Reformen des preußischen Staates, die von der Königin unterstützt und von Männern wie Hardenberg und Stein vorangetrieben wurden. Zwar war das Verhältnis zwischen Stein und der Königin nicht spannungsfrei. Aber Luise erkannte, dass »eine andere Ordnung der Dinge« kommen müsse.

Königin Luise wird bis heute in Ehren gehalten. Ihre letzte Ruhe fand sie im Schlosspark Charlottenburg. Die wohl künstlerisch bedeutendste Erinnerung an Luise ist die 1795 von Gottfried Schadow geschaffene »Prinzessinnengruppe« der Schwestern Luise und Friederike. Das Original steht in der Berliner Nationalgalerie.


Ausstellungen zu Königin Luise

(dpa). Zum 200. Todestag Königin Luises (1776-1810) erinnern drei große Ausstellungen an ihr Leben:

1. »LUISE. LEBEN UND MYTHOS DER KÖNIGIN«, 6. März bis 31. Mai, Schloss Charlottenburg, Neuer Flügel mit Luisenwohnung sowie Mausoleum und Luiseninsel. Über 350 Gemälde, Skulpturen und historische Dokumente laden zu einer Annäherung an das Leben und Nachleben der Königin ein.

2. »LUISE. DIE INSELWELT DER KÖNIGIN», 1. Mai bis 31. Oktober, Pfaueninsel mit Meierei und Parkgebäuden. Internationale Künstler setzen sich mit der Geschichte und Atmosphäre der romantischen Havelinsel auseinander.

3. »LUISE. DIE KLEIDER DER KÖNIGIN«, 31. Juli bis 31. Oktober, Schloss Paretz (Brandenburg). In dem Rückzugsort der Königsfamilie werden prachtvolle Gewänder der Herrscherin gezeigt.

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