Dekadent in Cahnsdorf

Andrea Friedrich aus Brandenburg bezieht Hartz IV und arbeitet – doch das Geld reicht kaum

  • Michael Sagorny
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

FDP-Chef Guido Westerwelle dichtet den Hartz-IV-Empfängern spätrömische Dekadenz an. Das beschreibt das Leben der damaligen Oberschicht. Die hat sich träge auf Marmorbänken mit der Pfauenfeder im Hals gekitzelt, um den Weg für eine neue Ladung gebratener Nachtigallenlebern frei zu kotzen. Bei Andrea Friedrich finden sich weder Nachtigallenlebern noch Pfauenfedern im Haushalt. Die Frau ist alleinerziehend und arbeitslos.

Ausnahmsweise scheint die Sonne in Cahnsdorf, einen Vorort der 10 000 Einwohner zählenden Stadt Luckau. Das trübe Wetter der vergangenen Wochen passt besser zur Stimmungslage von Andrea Friedrich. Die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, die acht und 18 Jahre alt sind, wohnt hier. Seit 2005 bezieht die 42-Jährige Hartz IV.

»Es hat alles ganz gut angefangen«, erinnert sich Andrea Friedrich. Sie sitzt zu Hause neben ihrer kranken achtjährigen Tochter. Die Kleine hat schweres Rheuma und einen gravierenden Herzfehler. »Ich habe drei Berufe. In der DDR habe ich Köchin gelernt. Nach der Wende noch Kellnerin dazu. 1995 dann für zwei Jahre eine Umschulung zur Speditionskauffrau, der Betrieb hat mich gleich übernommen.

Das war in Mittenwalde, 60 Kilometer von Cahnsdorf entfernt. Jeden Tag eine Stunde Fahrt – pro Arbeitsweg. Aber trotzdem: Ich habe gutes Geld verdient, es war eine der glücklichsten Zeiten meines Lebens.« Mit der Gebur...


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