Die Antifa gibt der Polizei Schuld an Ausschreitungen

Bündnis zur revolutionären 1. Mai-Demo zog Bilanz

  • Anja Probe
  • Lesedauer: 2 Min.
Weit weniger laut als am 1. Mai, ja fast schüchtern trugen gestern drei Antifa-Sprecher ihre Bilanz der letzten Tage vor. Grundtenor: Die Polizei trage Schuld daran, dass die sonst so friedlich verlaufende dritte Revolutionäre 1. Mai-Demonstration am Ende doch in Krawalle mündete. Tomas Lecorte, Sprecher der Vereinigung »Für eine linke Strömung« (Fels), zeigte sich sehr zufrieden mit dem Verlauf der Demonstration von verschiedenen linksradikalen Gruppen, die am Mittwoch Abend vom Rosa-Luxemburg-Platz in Mitte startete. Etwa 15000 Teilnehmer brachten in »gelöster Stimmung« und »ohne polizeiliche Bedrängung« ihre politische Meinung zum Ausdruck. »Doch gegen Ende der Demonstration hat die Polizei ihr Deeskalationskonzept verlassen, die Demo umgeleitet und am Michaelkirchplatz in Mitte in einen Kessel geführt«, sagte Lecorte. Erst da seien die Menschen aggressiv geworden. Die Polizei habe die nachfolgenden Auseinandersetzungen selbst provoziert und eigentlich vermeiden können. Zu den »Kreuzberger Festspielen« mit brennenden Autos, einem geplünderten Supermarkt, zerbrochenen Scheiben und demolierten Bushaltestellen wollte man sich nicht eindeutig äußern. Weder distanziere noch solidarisiere man sich mit den Vorgängen. »Die Plünderung des PLUS-Marktes ist im Vergleich zur Sparpolitik des rot-roten Senats das kleinere Verbrechen«, sagte Marc Schlosser von der Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB). Tomas Lecorte bekannte, er könne die Wut gegen die Polizei emotional verstehen. Zudem kritisierte er die undifferenzierte Betrachtungsweise der Gewalt am 1. Mai, die sehr vielschichtig sei. »Da sind auf der einen Seite die Kiddies und die Krawall-Touristen, auf der anderen Seite die Leute, die etwas erreichen wollen«, so der Fels-Sprecher. Außerdem gingen sicherlich viele Scheiben unbeabsichtigt zu Bruch, aber niemand rekonstruiere ja später die wahren Vorgänge. Er selbst könne sich einen gewaltfreien 1. Mai sehr gut vorstellen: »Ich will nur politisch demonstrieren.« Zu den Vormittagsveranstaltungen wie zum Beispiel den Protesten gegen die NPD-Demo sagte Kathrin Wilke von der AAB: »Wir waren dahingehend erfolgreich, dass die Nazikundgebung nicht ungestört verlaufen konnte.« Die Polizei hatte zwar Kundgebungen der Antifa am S-Bahnhof Hohenschönhausen verboten, dennoch seien den rund 1000 Gegendemonstranten einige Blockaden an der Nazi-Marschroute gelungen. Über die Zahl der Verletzten und Verhaftungen konnten gestern auf der Pressekonferenz noch keine Angaben gemacht werden. Tomas Lecorte dazu: »Es soll wohl 90 bis 100 Festnahmen gegeben haben. Einige Personen wurden auch schon dem Haftrichter vorgeführt.«

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