Sonne blieb ein seltener Gast

Der Winter 2009/10 im meteorologischen Rückblick

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 2 Min.

Zur Zeit gleicht das Wetter in Deutschland einer Achterbahnfahrt: Stieg das Thermometer am letzten Freitag vielerorts auf 20 Grad Celsius, lagen die Temperaturen am Sonnabend nur noch bei 7 bis 10 Grad. Die Sonne ging, der Regen kam, und wenn die Meteorologen recht behalten sollten, sind bis Ostern immer wieder Schauer und Gewitter mit Sturmböen zu erwarten. In den Hochlagen der Mittelgebirge kann es sogar schneien. Ein derart wechselhaftes Wetter ist für diese Jahreszeit durchaus typisch. Denn Anfang April überschreiten wir die meteorologische Schwelle vom Winter zum Sommer. Und selbst wenn die Temperaturen bisweilen noch unter null fallen, hat die winterliche Witterung in Mitteleuropa ihre Kraft endgültig erschöpft.

Nach Auskunft des Deutschen Wetterdienstes (DWD) war der Winter 2009/10 zu kalt. Mit minus 1,3 Grad Celsius lag die Durchschnittstemperatur um 1,5 Grad unter dem langjährigen Mittel, dem sogenannten Klimawert. Auf der Rangliste der strengsten Winter seit 1901 wäre der vergangene Winter damit auf Platz 20 einzuordnen. Spitzenreiter in Sachen Kälte ist unangefochten der Winter 1962/63, der mit einer mittleren Temperatur von minus 5,7 Grad Celsius zu Buche steht.

Die tiefste Temperatur dieses Winters wurde am 19. Dezember in Dippoldiswalde bei Dresden und am 27. Januar in Bad Muskau in der Oberlausitz gemessen: minus 24,3 Grad. Dass es in Deutschland noch weit frostiger werden kann, zeigte sich am 12. Februar 1929 im niederbayerischen Hüll, wo das Quecksilber auf minus 37,8 Grad Celsius fiel. Kälter war es in Deutschland nie. Die höchste Temperatur in diesem Winter registrierte der DWD im südlich von Freiburg gelegenen Müllheim: Am 6. Dezember kletterte das Thermometer auf 16,1 Grad Celsius.

Was die Niederschlagsmenge angeht, war der Winter 2009/10 eher Durchschnitt und blieb mit rund 173 Litern pro Quadratmeter (l/qm) nur um vier Prozent unter dem Sollwert von 181 l/qm. Eines freilich fiel völlig aus dem meteorologischen Rahmen: der viele Schnee im Norden und Osten. Fast ganz Berlin lag 59 Tage, vom 30. Dezember bis zum 26. Februar, unter einer geschlossenen Schneedecke. Und selbst an der sonst wenig schneeverwöhnten Ostseeküste türmte sich die weiße Pracht durch Verwehungen meterhoch auf. Der feuchteste Ort indes war Freudenstadt im Nordschwarzwald (409 l/qm), der trockenste Grünow bei Prenzlau (53 l/qm).

Im Durchschnitt scheint die Wintersonne in Deutschland 154 Stunden. Diesmal brachte sie es lediglich auf 113 Stunden. »Seit Beginn der regelmäßigen Messungen im Jahr 1950 verlief nur der Winter 1969/70 ähnlich sonnenscheinarm«, berichtet der DWD. Aber zumindest in Oberstdorf geschah, worauf die Menschen anderswo vergeblich gehofft hatten: Die Sonne strahlte 238 Stunden vom Himmel und damit erheblich länger, als es nach meteorologischer Voraussicht zu erwarten gewesen wäre.

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