Vorwürfe setzen Vatikan unter Druck
Neue Fälle im weltweiten Missbrauchsskandal
Chicago (AFP/ND). Wie der Anwalt eines Missbrauchsopfers aus dem US-Bundesstaat Minnesota sagte, arbeitete ein Priester in den vergangenen fünf Jahren in katholischen Schulen in Indien, obwohl er in den USA zwei Mädchen sexuell belästigt haben soll. Ein für den Vatikan tätiger US-Anwalt erklärte, die katholische Kirche unterstütze die US-Behörden bei dem Bemühen um die Auslieferung des verdächtigen Geistlichen.
Der Priester Joseph J. steht im Verdacht, sich im Bistum Crookston in Minnesota zwei jugendlichen Mädchen unsittlich genähert zu haben. Die Vorwürfe kamen allerdings erst ans Licht, als J. das Land bereits verlassen hatte. Aus Gerichtsunterlagen geht hervor, dass Bischof Victor Balke die Glaubenskongregation im Vatikan und auch die Vorgesetzten von J. in Indien 2005 über die Anschuldigungen in Kenntnis setzte. Dabei warnte er, dass der Geistliche ein »ernsthaftes Risiko« für Mädchen in seiner neuen Gemeinde darstellen könnte. Der Vatikan ordnete den Unterlagen zufolge lediglich Überwachung durch den zuständigen Bischof an, um Risiken vorzubeugen und »keinen Skandal unter den Gläubigen« auszulösen. Bischof A. Amalraj vom Bistum Ootacamund im indischen Staat Tamil Nadu bestätigte, dass der verdächtige Geistliche weiter in der Schulverwaltung der Diözese arbeite. Dabei habe er keinen Kontakt zu Frauen und Kindern.
Mit den Vorwürfen gerät der Präfekt der Glaubenskongregation, der Kurienkardinal William J. Levada, weiter unter Druck. Der US-Kardinal Levada soll Medienberichten zufolge Mitte der 90er Jahre als Erzbischof von Portland einen pädophilen Priester versetzt haben, ohne die Mitglieder der Gemeinde zu informieren.
Im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in den USA beriet der Oberste Gerichtshof in Washington unterdessen darüber, ob er eine Berufungsklage des Vatikans gegen Entscheidungen der US-Justiz annimmt, die diplomatische Immunität des Kirchenstaates aufzuheben.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.