Streitbar

Götz Aly erhielt Heinrich-Mann-Preis

  • Jack Rodriguez
  • Lesedauer: ca. 1.5 Min.
Der Weg zu einem der akribischsten und streitbarsten Erforscher von Holocaust und Euthanasie war ihm nicht vorgezeichnet. Götz Aly, der am Freitag den Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste erhielt, wurde 1947 in Heidelberg geboren, besuchte die Münchner Journalistenschule und studierte Geschichte sowie Politikwissenschaft in Berlin. Sein erstes Semester fiel in das Jahr 1968, als sich die jüngere Generation zuvor nicht gestellte Fragen zur deutschen Vergangenheit erlaubte. Aly wandte sich zunächst der Erziehungsarbeit zu, die damals ebenfalls vor einem Neubeginn stand. Er leitete von 1973 bis 1978 ein Jugendheim bei Berlin-Spandau und promovierte über die praktische Jugendarbeit. Den Dienst für einen Staat, der ihn zwischenzeitlich mit Berufsverbot belegt hatte, gab er auf und wurde Redaktionsmitglied der neu gegründeten alternativen Tageszeitung taz. Von 1997 bis 2001 wechselte er zur Berliner Zeitung, bevor er sich ganz auf seine wissenschaftliche Arbeit konzentrierte. Dass er so vehement die Ursachen und Mechanismen von Holocaust und Euthanasie erforscht, hat mehrere Ursachen: Zum einen hat er im linken, streitbaren Geist der 68er Denken gelernt und versuchte seine Ideale an gescheiterte Jugendliche weiterzugeben. Wie eine Berufung scheint die Geburt einer unehelichen schwerbehinderten Tochter 1979. Zusammen mit seiner Ehefrau, Monika Aly, und der Mutter des Kindes, Morlind Tumler, schrieb er 1981 in »Kopfkorrektur oder Der Zwang gesund zu sein« über die Reaktion auf das andersartige Kind. Letztlich ausschlaggebend, sich hauptberuflich mit der deutschen Geschichte zwischen 1933 und 1945 zu beschäftigen, sei aber das umfangreiche Aktenmaterial über die Hamburger Prozesse zu den Euthanasie-Morden gewesen, sagt Aly. Er stieg tiefer in das Thema ein, offenbarte die moderne Bürokratie und Wissenschaft als Ursache der Barbarei. Seine zahlreichen Bücher und Publikationen bewirkten etwa die Bestattung von immer noch in Universitäten gesammelten Überresten von Opfern. Das 1984 zusammen mit Karl-Heinz Roth geschriebene Buch »Die restlose Erfassung« konnte damals zwar nicht die Volkszählung verhindern, führte aber mit zum Nachdenken über Datenschutz. Seine Sicht ist nicht bequem und löste mehrmals Tumulte aus wie beim Frankfurter Historikertag 1998. Auch seine neueste Aussage, dass nicht nur Konzerne sondern alle Deutschen Nutznießer der Enteignung und Ermordung von ...

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