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Dolmetscher im Klassenzimmer

Gemeinnütziger Übersetzerdienst stellt Arbeit an Kitas und Schulen vor / Zukunft im ÖBS ungewiss

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 3 Min.

Wer zum Elterngespräch in die Schule gebeten wird, weil Sohn oder Tochter etwas angestellt haben oder das Leistungspensum nicht erfüllen, geht häufig schon mit gemischten Gefühlen zum Lehrer. Wenn in solch einer Situation noch Verständigungsprobleme die Situation erschweren, sind Unmut und Missverständnisse vorbestimmt. Um dem vorzubeugen, gibt es in Berlin seit November 2006 den gemeinnützigen Gemeindedolmetschdienst (GDD), der für Schulen, Kitas und soziale Beratungsstellen Übersetzer bereit stellt.

An der Hunsrück-Grundschule im Stadtteil Kreuzberg informierten am Mittwoch Sozialsenatorin Carola Bluhm (LINKE) und die Leitung des Gemeindedolmetschdienstes Berlin über dessen Arbeit. »Wenn es um die Zukunft meiner Kinder geht, ist das ein wichtiges Gespräch. Ich bin dann unsicher und kann mich im Deutschen nicht so gut ausdrücken, da bin ich froh, dass eine Dolmetscherin dabei ist«, sagte Frau Özcelik, Mutter von zwei Kindern. Es gelte vor allem, Vertrauen aufzubauen und Missverständnisse zu klären, sagte Gemeindedolmetscherin Nurcan Schörbach. »Der Dolmetscher hat in so einem Gespräch oft eine Mittlerolle, sowohl sprachlich als auch kulturell.«

Die Dolmetscher sind gut ausgebildet, kennen sich aus im deutschen Schulsystem und können so Eltern und Lehrern gleichermaßen weiterhelfen. Außerdem übersetzen sie Einladungen und Hausordnungen. Immer noch sind es nicht selten die Schüler selbst, die zwischen ihren Lehrern und Eltern übersetzen müssen. Für den gemeinnützigen GDD arbeiteten bis Ende März noch 15 Dolmetscher, die über den Öffentlichen Beschäftigungssektor (ÖBS) finanziert wurden. Durch die Umstrukturierung im ÖBS wurde die Zahl auf sieben Mitarbeiter reduziert. Der ÖBS als Träger habe den gemeinnützigen GDD wesentlich bekannter gemacht, sagte Sabine Oldag von der Leitung des GDD bei Gesundheit Berlin-Brandenburg. Schulen, Kitas und soziale Beratungsstellen haben in der Regel kein Budget für Dolmetscher. Durch den ÖBS könne auch eine personelle Kontinuität der eingesetzten Dolmetscher gewahrt werden, betonte Mario Dobe, Direktor der Hunsrück-Schule. Das sei im Zusammenspiel von Schule und Eltern besonders wichtig. Für die Zukunft sei die Grundfinanzierung des gemeinnützigen GDD gesichert, allerdings hapere es an der Finanzierung der Einsätze, so Ingrid Papies-Winkler von der Plan- und Leitstelle Gesundheit im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Im Gegensatz zum klassischen GDD, dessen Mitarbeiter auf Honorarbasis arbeiten, werden die Dolmetscher des gemeinnützigen GDD nicht von der Institution bezahlt, an der sie eingesetzt werden.

Wie Sozialsenatorin Bluhm erklärte, habe die Bundesregierung nicht nur die finanziellen Mittel gekürzt, sondern auch den Abschluss von unbefristeten Verträgen vorgeschrieben. Letzteres ist im öffentlich Sektor und bei freien Trägern oft nur schwierig umzusetzen – und kommt beim gemeinnützigen GDD nur für einige wenige Mitarbeiter über 60 in Frage. »Wir können das aktuelle Niveau beim GDD halten, eine Erhöhung kriegen wir nicht hin«, sagte Bluhm.

Gemeindedolmetschdienst (GDD) in Berlin

  • Seit 2003 arbeitet der GDD im Bereich Medizin sowie für Bezirksämter und freie Träger, seit Ende 2006 auch für Schulen, Kitas und soziale Beratungsstellen.
  • Derzeit sind 115 MitarbeiterInnen in 47 Sprachen für den klassischen GDD auf Honorarbasis beispielsweise an Krankenhäusern tätig.
  • Im Bereich des gemeinnützigen Dolmetschdienstes arbeiten seit dem 1. April nur noch sieben MitarbeiterInnen, zuvor waren es 15.
  • Sie waren im Jahr 2009 in 2544 Einsätzen an Schulen und Kitas. Gegenüber 2008 ist das eine Steigerung von 83 Prozent.
  • Der gemeinnützige GDD umfasst Einsätze für Institutionen, die über keine eigenen Finanzierungsmöglichkeiten verfügen, und wird über den ÖBS getragen.

Infos und Kontakt unter: www.gemeindedolmetschdienst-berlin.de

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