Voll schwarzen Humors

Theater am Palais inszeniert »Lord Saviles Verbrechen« von Oscar Wilde

  • Anouk Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

»Ich bin überhaupt nicht zynisch, aber ich habe Erfahrung, was so ziemlich das Gleiche ist.« Als gutgläubigen Optimisten kann man Lord Savil eigentlich nicht bezeichnen, doch eine Charaktereigenschaft macht ihn angreifbar: Er ist zutiefst abergläubisch. Und genau dies droht ihm in Oscar Wildes Kriminalgeschichte »Lord Saviles Verbrechen« zum Verhängnis zu werden. Das Theater im Palais hat die bitterböse Farce nach dem Bühnentext von Hans Jaray auf die Bühne gebracht – als angenehm altmodisches Stück im Stile klassisch britischer Krimis, voll schwarzem Humor und sarkastischer Dialoge.

Die Geschichte beginnt als Schattenspiel hinter einem halbtransparenten Vorhang. Die exzentrische Lady Windermere hat einen Handleser eingeladen, der ihren Gästen angeblich die Zukunft voraussagen kann. Bei Lord Savil, der zuerst gar nicht interessiert ist, schreckt der Mann zurück und lässt sich erst gegen einen dicken Scheck die »Wahrheit« entlocken: Arthur Savil wird einen Mord begehen. 25 Jahre später ist der gute Mann verzweifelt, nur noch wenige Tage bleiben bis zum Ende der Frist. Er beichtet seiner Frau, Lady Sybil, die bittere Vorhersage. Beide ziehen den selben Schluss: Um Ruhe zu finden, müssen sie jemanden ermorden. Bleibt nur die Frage, wer das Opfer sein könnte – schließlich will das Ehepaar nicht mehr Schaden anrichten als unbedingt nötig. Am besten wäre die unverheiratete alte Erbtante oder aber eine lebensmüde Kandidatin. Doch immer, wenn das Paar sicher ist, die »Richtige« gefunden zu haben, nimmt das Schicksal eine neue Wendung.

Die 1990 verstorbene Wiener Theaterlegende Hans Jaray hat Oscar Wildes Erzählung zwar für die Bühne umgeschrieben, den sarkastischen, spöttisch sezierenden Geist des exzentrischen Briten jedoch erhalten. Neben den pointierten Dialogen, die nur so sprühen vor scharfzüngigem Esprit, machen vor allem die deutlich überzeichneten Figuren des Stücks Vergnügen. Ohne Rücksicht auf Verluste stellte Wilde in seiner Erzählung die britische Oberschicht als egozentrischen, sensationslüsternen Haufen dar, in dem der Aberglaube teils tief verwurzelt war. Der personell und in punkto Handlungssträngen reduzierte Bühnentext profitiert von Wildes Lust an der Karikierung seiner Protagonisten, übertreibt es jedoch nicht.

Regisseur Herbert Olschok hat den feinen Stoff grundsolide, wenn auch ohne Experimentierlust umgesetzt. Dafür beweisen er und seine vier Darsteller feinen Humor und ein gutes Gespür für Pointen. Ursula Rosamaria Gottert und Peter Rauch, beides Gastschauspieler im Theater im Palais, geben das Ehepaar Savil mit der elegant-herablassenden Selbstgefälligkeit der oberen Zehntausend, die nicht einmal die Planung eines Mordes aus dem Konzept bringt. Vor dieser distinguierten Zurückhaltung dürfen Gabriele Streichhahn und Carl Martin Spengler, beides Urgesteine im Palaistheater, schön dick auftragen und in insgesamt fünf Rollen etwa als lebensmüde Hellseherin oder als standesbewusster Butler dem Stück Verve und Farbigkeit verleihen. Die Spitzen und Bonmots, für die Oscar Wilde so berühmt sind, fliegen nur so hin und her, ob es um Beziehungen geht (»Gegenseitiges Missverstehen ist die Grundlage jeder Ehe!«) oder um die USA: »Welch ein Land, in dem ein Briefträger Präsident werden kann.« Bis ins i-Tüpfelchen stilvoll geraten sind bei dieser angenehm unaufgeregten Krimifarce auch das Bühnenbild, ein asymmetrischer Salon in weiß und terracotta, und die Kostüme mit ihren Spitzen, Paspeln und Seidentüchern.

Vorstellung wieder am 28./29.5., 20 Uhr; Theater im Palais, Am Festungsgraben 1, Mitte, Karten unter 201 06 93

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