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Niemals nihilistischer Pöbelhaufen
Liste der verbotenen Wörter bestimmt die Parlamentskultur
Nach knapp 20 Jahren hat sich der Landtag einem Schimpfverbot unterworfen. Dabei nahm er sich kurzerhand den Bundestag zum Vorbild. Martin Luther führte das »zornig Wort« in die Auseinandersetzung ein. Immer wieder tauchte es auch in Parlamentsdebatten auf. In harten Zeiten wächst das Bedürfnis, dem politischen Gegner mal die Meinung zu geigen. Das muss aber Grenzen haben, und die zog der Landtag jetzt.
Ausgangspunkt war – wie kann es anders sein – die parlamentarische Praxis. In der hat sich etwa Innenminister Rainer Speer (SPD) dazu hinreißen lassen, den CDU-Abgeordneten Sven Petke einen »elenden Schwätzer« und »Quacksalber« zu nennen. Von Landtagsvizepräsidentin Gerrit Große (LINKE) setzte es dafür einen Ordnungsruf. Der Landtag hatte sich die »Beispielliste für Ordnungsverletzungen« des Bundestages kommen lassen. Und die gilt nun auch für Brandenburg. Der Liste zufolge sind Begriffe wie »kluge Idioten«, »nihilistischer Pöbelhaufen«, »armer Irrer« und »Rotzjunge« genauso verboten wie die vergleichsweise harmlos klingenden Bezeichnungen »Renegat«, »Quatschkopf«, »Agent«, »Lümmel« oder »Narr«. Auch als »politischen Gangster«, »Brunnenvergifter« »Erzlügner« und »ausgemachten Strolch« darf man einen Zwischenrufer nicht bezeichnen, genau so wenig wie der Zwischenrufer den Redner.
Es geht ferner nicht an, die Politik des Gegners als »Schiebung« als »naive Provokationssucht«, als »Brunnenvergiftung«, »Betrugsmanöver«, »Heuchelei«, »Kriegstreiberei« oder »Quatsch« zu geißeln. Da ist die Vorschrift eisern. Und sie vermeidet es, sich zu der Frage zu äußern: Was aber, wenn diese Begriffe zutreffen?
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