Fahrgäste werden abkassiert
Trotz schlechten Angebots werden Nahverkehrstickets ab 2011 um 2,8 Prozent teurer
Nach zweieinhalb Jahren wird es in Berlin und Brandenburg ab 1. Januar 2011 wieder eine Preissteigerung im Nahverkehr geben. Zuletzt war das Fahren mit Bussen und Bahnen im April 2008 teurer geworden. Im Brandenburger Wahljahr 2009 waren die Preise stabil geblieben, danach waren Erhöhungen durch die S-Bahn-Krise ausgeschlossen. Diese dauert zwar auch 2011 weiter an, dennoch sollen die Kunden im Durchschnitt 2,8 Prozent mehr für die Fahrten zahlen, wie der Aufsichtsrat des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) gestern beschloss.
Angesichts der erhöhten Kosten für Löhne und Energie sowie für Investitionen in neue Fahrzeuge käme man um eine »moderate Steigerung« nicht herum, begründete VBB-Chef Hans-Werner Franz den Schritt. Die Erhöhung liege unter der in anderen Verkehrsverbünden und unter der Inflationsrate von 3,1 Prozent seit der letzten Preiserhöhung.
Besonders heftig zur Kasse gebeten werden Gelegenheitskunden. Für den Einzelfahrschein, dessen Preis letztmals 2005 erhöht wurde, müssen im Stadtgebiet (AB-Bereich) künftig statt 2,10 Euro 2,30 gezahlt werden – ein Anstieg von 9,5 Prozent. Franz empfiehlt den Umstieg auf die Sammelkarte für vier Fahrten, die sich nur um 20 Cent auf 8,20 Euro verteuert, also eine Fahrt für 2,05 Euro ermöglicht. Damit möchte man die Botschaft aussenden, wer öfter fährt, fährt günstiger, so Franz. Dass sich diese Erkenntnis durchsetzt, ist dem VBB auch im Hinblick auf die für Mitte nächsten Jahres geplante Einführung des elektronischen Tickets wichtig. Das wird es zunächst für Stammkunden geben.
Aber auch die werden von Preissteigerungen nicht verschont, wenngleich die Verteuerung geringer ausfällt als für Einzeltickets. Für Monatskarten müssen künftig 2,8 Prozent mehr gezahlt werden, das Umweltticket AB verteuert sich um zwei Euro auf 74 Euro. Auf diese Weise lohnt sich der Kauf dieses Tickets bereits ab 26 Fahrten im Monat, wie der VBB ausgerechnet hat. Bisher kostete das Umweltticket etwa so viel wie 35 Einzelfahrscheine, was im Vergleich zu anderen Verkehrsverbünden ziemlich teuer war.
Den relativ günstigsten Preis zahlt künftig, wer sich für das Stadtgebiet ein Abonnement mit jährlicher Abbuchung leistet. Dafür sind künftig 675 statt 670 Euro zu zahlen und damit 0,7 Prozent mehr. Bei Barbezahlung steigt der Preis dagegen um 3,7 Prozent auf 695 Euro. Die Verkehrsbetriebe wollen mit der unterschiedlichen Preisgestaltung die engere Kundenbindung belohnen.
Am heftigsten fällt der Preisanstieg bei Fahrradtickets aus. Die Fahrrad-Monatskarte verteuert sich um einen Euro auf 9,50 Euro (plus 11,8 Prozent), das Ticket für das Gesamtnetz in Berlin und Brandenburg um 2,50 auf 18 Euro (plus 16,1) Prozent.
Auch die Tickets für Schüler- und Geschwisterkarten werden um einen bzw. 0,50 Euro teurer, unverändert bleiben nur die Abonnementpreise. Auch beim Seniorenticket 65plus und dem Sozialticket gelten weiter die alten Preise. Bei der Kleingruppenkarte sinken sie sogar, im Stadtgebiet beispielsweise um 90 Cent auf 15 Euro.
Die Verkehrsunternehmen erwarten von der Preissteigerung Mehreinnahmen von 28 Millionen Euro – vorausgesetzt, die Fahrgäste wandern nicht ab.
Der Fahrgastverband IGEB erwartet, dass die Erhöhung angesichts der Einschränkungen im S-Bahn-Verkehr seit fast einem Jahr »auf das Unverständnis der Fahrgäste stoßen« wird. S-Bahn und BVG könnten ein ausgeglichenes Ergebnis vorweisen, wenn die Bahn nicht heruntergewirtschaftet worden wäre und die Verkehrsbetriebe nicht politische Fehlentscheidungen zu verkraften hätten. Es gebe »viele Möglichkeiten, die Einnahmen zu erhöhen – ohne Preissteigerung«.
Tarifentwicklung
- Einzelfahrschein: AB von 2,10 auf 2,30 Euro, ermäßigt weiterhin 1,40
- Kurzstrecke: von 1,30 auf 1,40 Euro
- Tageskarte: AB von 6,10 auf 6,30 Euro, ABC von 6,50 auf 6,80 Euro
- Monatskarte: AB von 72 auf 74 Euro, ABC von 88,50 auf 91 Euro
- Jahres-Abo: AB von 670 auf 675 (mit jährl. Abbuchung)
- Jahres-Abo: AB von 690 auf 695 (monatl. Abbuchung)
- Jahreskarte (Barzahlung): AB von 670 auf 695 Euro
- Schülerticket: von 26 auf 27 Euro
- Geschwisterticket: von 16 auf 16,50 Euro
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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