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Als die Märker ihren Wein mit Füßen traten

Roland Fröhlich beschreibt, wie Mönche in Brandenburg Rebstöcke pflanzten und was daraus wurde

Die Zisterzienser rügten im 12. Jahrhundert die Benediktiner und andere Mönche, weil diese viel mehr Wein tranken, als ihnen der heilige Benedikt zugestanden hatte. Die Zisterzienser selbst beschränkten sich damals auf täglich 0,27 Liter Wein, den sie verdünnt mit Wasser zu sich nahmen. Sie benötigten für ihre Klöster und Kirchen jedoch jede Menge Messwein, denn bis zum Konstanzer Konzil 1415 erhielten nicht nur die Priester Wein zum heiligen Abendmahl, sondern auch Laien. Darum bemühten sich die Zisterzienser, sobald sie ein neues Kloster einrichteten, in der Nähe einen Weinberg anzulegen oder zu kaufen.

So trugen sie auch in Brandenburg zur Verbreitung der Reben bei. Zwar erschwerten die ungünstigen klimatischen Bedingungen den Weinbau erheblich. Doch die Mühe lohnte sich im Mittelalter trotzdem, denn der Transport aus südlichen Gefilden war beschwerlich und teuer. So konnten die Mönche mit dem Verkauf von Wein auch noch Gewinn machen.

Akribisch beschreibt das Roland Fröhlich in seinem Buch »Die Zisterzienser und ihre Weinberge in Brandenburg«. Er beginnt mit der Geschichte des Weins und der Zisterzienser, erzählt von den Weinbergen der Mönche in Brandenburg und davon, was nach der Reformation aus den Weinbergen wurde. Die Schilderungen reichen bis heute, wo Winzer Manfred Lindicke auf dem Werderaner Wachtelberg und ein Verein der Klosterwinzer in Neuzelle alte Traditionen wiederbelebten.

»Der Rebstock ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit und Wein – nach Wasser und Muttermilch – wahrscheinlich eines der ältesten Getränke des Menschen«, schreibt Fröhlich. Ihren Ursprung habe die Weinkultur zwischen Kaukasus, Kaspischem Meer, Persischem Golf und Mittelmeer. Eine bei Damaskus gefundene, 8000 Jahre alte Weinpresse sei eines der ältesten Zeugnisse für die Bereitung von Wein.

Wer es sich im Mittelalter leisten konnte, der trank viel Wein. Wasser verdarb durch Lagerung. Guter Wein wurde dagegen besser. Bier hielt sich auch länger, aber es mangelte noch an schmackhaften Sorten, wie das Bernauer Bier eine gewesen sein soll. Als Albrecht der Bär 1157 die Mark Brandenburg besetzte, holte er Mönche für die Missionierung der vormals slawischen Gebiete ins Land. Doch Albrecht gab den Prämonstratensern den Vorzug. Die Zisterzienser kamen erst nach seinem Tod zum Zug. 1180 gründeten sie Kloster Lehnin. Es folgten weitere Klöster: sechs für Mönche und zehn für Nonnen hat es im heutigen Land Brandenburg gegeben, darunter die in Ziesar, Chorin, Zehdenick, Boitzenburg und Heiligengrabe.

An vielen Stellen beförderten die Zisterzienser den Weinbau, so von Lehnin aus in Werder/Havel. In der Uckermark, wo es im Jahresmittel eigentlich insgesamt zu kalt dafür ist, fanden die Mönche sandige Südhänge, wo die Rebstöcke bei kluger Behandlung doch gedeihen. Im Zuge der Reformation gelangten die Klöster samt den Weinbergen in die Hand des Kurfürsten. Nur Neuzelle, das erst 1815 an Preußen fiel, hielten sich die Zisterzienser noch bis 1817.

Spätestens im 18. Jahrhundert begann der Niedergang des Weins in Brandenburg. An die Stelle des Weins traten zunehmend Bier und Schnaps. Statt die Weintrauben zu keltern, setzte man nun auf Speiseweintrauben, bepflanzte alte Weinberge mit entsprechenden Sorten oder gleich mit Obstbäumen. Das hatte mit veränderten Trinkgewohnheiten zu tun. 1903 betrug der Pro-Kopf-Verbrauch nur noch 3,5 Liter im Jahr. Im 16. Jahrhundert hatte er bei 150 Litern gelegen. Daraufhin gab es in den traditionsreichen deutschen Weingegenden einen Umschwung von der Menge zur Qualität. Man konzentrierte sich hinfort auf die besonders guten Lagen.

Es sei nicht etwa so, dass Brandenburg beim edlen Tropfen nicht hätte mithalten können, so die These von Roland Fröhlich. Er illustriert dies mit einer Anekdote. Oberst von Kleist setzte König Friedrich Wilhelm I. einen alten märkischen Landwein vor, gab ihn indes zunächst für eine ganz neue Sorte aus. Dem König mundete der Wein, und doch wollte er ihn nicht haben, da er verglichen mit ausländischen Weinen nicht genug Renommee genieße.

Der tatsächliche Grund für den Niedergang seien die Kosten gewesen, sagt Fröhlich. Durch das ungünstige Klima gab es mehr schlechte Weinjahre. Es musste viel gedüngt werden. Die Rebstöcke erfroren häufiger. Zum Schutz vor Frost wurden im Herbst – anders als in südlichen Gefilden – die Pfähle gezogen, die Rebstöcke flach gelegt und abgedeckt. Dies alles machte den Weinbau teuer und aufwendig. Da der Import keine Probleme mehr bereitete, erlag der märkische Wein der Konkurrenz.

Roland Fröhlich: »Die Zisterzienser und ihre Weinberge in Brandenburg«, Lukas Verlag, 328 Seiten (brosch.), 25 Euro, ND-Bestellservice, Tel.: (030) 29 78 17 77

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