Der Nachfolger

Wolfram Weimer / Der neue »Focus«-Chef spart sich den Journalismus

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Magazin »Focus« – einst gegründet als konservativer Gegenentwurf zum »Spiegel« – ist tief in der Krise. Beständig ist nur eins: die sinkende Auflage! »Focus«- Gründer Helmut Markwort hat beizeiten die Fahnenflucht angetreten. Doch der Abgang des Chefredakteurs ist einer auf Raten. Bereits im Oktober letzten Jahres kündigte Markwort an, dass Wolfram Weimer sein Nachfolger werden wird – allerdings erst zum 1. September dieses Jahres als Teil einer Doppelspitze zusammen mit Markworts bisherigen Co-Chef Uli Baur.

Knapp zweieinhalb Monate bevor Weimer offiziell in Markworts Chefsessel Platz nehmen darf, hat er schon mal die neue Richtung verkündet, in die das Wochenmagazin gesteuert werden soll. Der »Focus« bedürfe eines »nachhaltigen Journalismus« und müsse die »Deutungsmacht zurückerobern«. Das verspricht eine Fortsetzung des politisch rechten Kurses von Helmut Markwort. Weimer geißelt den »Multikulturalismus« und hält die Warnungen von Wissenschaftlern vor einer Klimaerwärmung für »Panikmache«.

Es ist eine undankbare Aufgabe, die der 45-Jährige zu bewältigen hat. Es muss bitter sein, als gelernter Journalist den Abschied vom Journalismus bewerkstelligen zu müssen. Dabei war Weimers bisherige Karriere durchaus von Erfolgen gekrönt. Der Stipendiat der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung arbeitete bei der Nachrichtenagentur dpa, als Redakteur der FAZ und stieg zum Chefredakteur der »Welt« auf. Eine stramm-konservative Karriere also, die in der Gründung des Monats-Magazins »Cicero« 2004 ihren Höhepunkt fand.

Jetzt also der Abstieg zum »Focus«. Statt den Markwortschen »Fakten, Fakten, Fakten« heiße es in Zukunft »Relevanz, Relevanz, Relevanz«, erklärte Weimer kürzlich in seiner Antrittsrede. Da vergaß er den entscheidenden Zusatz. Markwort ergänzte sein Diktum von den Fakten, die es zu veröffentlichen gelte, mit dem Hinweis »... und immer an den Leser denken«. Weimer blickt in die andere Richtung. Das neue Konzept soll mit einer verkleinerten Redaktion und zusammengelegten Ressorts umgesetzt werden. Relevanz, Relevanz, Relevanz ... und immer an den Verleger denken!

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.