Mahnmal mit Verspätung

Brunnen für Sinti- und Roma-Opfer wird nachgebessert

  • Lesedauer: 3 Min.

(dpa). Es gehört zum dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte: Die Nazis haben nicht nur sechs Millionen Juden ermordet, sondern auch eine halbe Million Sinti und Roma. Die als »Zigeuner« verfolgte Minderheit wurde entrechtet, erniedrigt und ausgegrenzt, deportiert und zu medizinischen Versuchen missbraucht. Nach jahrzehntelangem Kampf um die Anerkennung des Unrechts soll ein Denkmal in Berlin an die Opfer erinnern. Nach mehrmaliger Verzögerung war für Oktober endlich die Einweihung geplant. Doch der Termin steht erneut auf der Kippe.

Der mit der Gestaltung beauftragte israelische Künstler Dani Karavan hat an der Metallschale für den geplanten Brunnen »unakzeptable Unebenheiten« entdeckt. Inzwischen seien die Arbeiten zwar auf einem guten Weg, aber das Ziel ist noch nicht erreicht, sagt sein Rechtsanwalt Peter Raue. »Das ist ein so wichtiges Mahnmal, dass es nicht beschädigt werden darf durch nicht erstrangige Arbeiten.«

Die Berliner Senatsbauverwaltung, die die Federführung für die Bauarbeiten hat, weist die Vorwürfe zurück. »Die Qualität ist ausreichend gut. Das ist eindeutig nachgewiesen«, sagte Sprecher Matthias Gille. Von einer Nachbesserung könne deshalb keine Rede sein. Senatskanzleichefin Barbara Kisseler betonte kürzlich bei einer Ortsbesichtigung, die Schale werde »so dicht wie ein U-Boot«.

Karavan will auf dem Gelände an der Scheidemannstraße direkt südlich vom Reichstag ein kreisrundes Wasserbecken mit einem schwarzen – »endlos tiefen« – Grund schaffen. Damit das Wasser fast unmerklich über den Rand läuft, müsse die Schale so eben sein wie nur irgend möglich, argumentiert der Künstler. Der Bund hat bis zu zwei Millionen Euro zugesagt, Berlin stellt das Grundstück.

Die Verzögerungen gelten als peinlich. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) hatte beim symbolischen Baubeginn den Abschluss bereits für 2009 angekündigt: »Wir sind es besonders den Überlebenden der schrecklichen Verbrechen und Verfolgungen schuldig, dass dieses Denkmal bald fertiggestellt wird – als Verneigung vor ihnen und vor den Opfern des Völkermords.«

Schon vorher hatte es ein jahrelanges Tauziehen um die Form des Erinnerns gegeben. Das Innenministerium stellte zwar schon 1992 ein Denkmal in Aussicht. Doch ein Streit zwischen Opferverbänden blockierte das Projekt. So war lange umstritten, ob die Opfer »Zigeuner« genannt werden dürfen. Zudem war die Frage, ob der Genozid an Sinti und Roma (»Porajmos«) mit dem Völkermord an den Juden (»Shoa«) auf eine Stufe gestellt werden darf.

Erst die Einsetzung einer Expertenkommission führte zu einem Kompromiss. Die von ihr erarbeitete Chronologie des NS-Unrechts soll nun auf einer gesonderten Tafel am Denkmal festgehalten werden. Der Baubeginn verschob sich durch die Debatte von 2004 auf 2008.

»Die Verzögerung ist sehr bedauerlich, aber ja nicht böswillig verschuldet«, sagt Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma.

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