Als »Transportale« unterwegs in der Stadt

15 Künstler wollen Ruhepunkte und Irritationen

Kompliziert, wie unsere Welt nun einmal ist, streitet man unter anderem darum, ob Rosa Luxemburg oder Gustav Noske ein Denkmal erhalten soll - vor zehn Jahren wäre es noch ein der »Titanic« würdiger Witz gewesen, den »Bluthund« Noske als Vater der Demokratie zu ehren. Ein tapferes Häuflein ästhetischer Widerständler gibt dazu vehement kund, dass die Zeiten personengebundener Stadtmöblierung lange vorbei seien. Weil es unproduktiv ist, nur gegen einen Gipskopf hier und einen Bronzeschädel da zu wettern, haben sich 15 Künstler zur »Transportale« zusammengefunden - ein Projekt, das großzügig im Stadtgebiet für Ruhepunkte, Irritationen und Wahrnehmungsräume sorgen soll. Unterstützt von der Akademie der Künste, dem Künstlerhaus Bethanien und den Kulturämtern Schöneberg und Pankow haben sie sich die von Nord nach Süd (und politisch von Ost nach West) laufende S-Bahn-Linie 2 ausgeguckt, um an deren Rand - noch in fußläufiger Entfernung von den Bahnhöfen - nach Orten künstlerischer Auseinandersetzung zu suchen. Erste Zwischenergebnisse sind derzeit im Haus am Kleistpark zu sehen. Viel ist nicht zu sehen. Denn fantasielos sind 15 Monitore in einer Reihe aufgebaut, die mal mit Bild und Ton, mal nur mit Bild, meist Impressionen des öffentlichen Personennahverkehrs festhalten. Nun ja, Gunda Förster weist mit Lichtblitzen auf ihr Konzept im S-Bahn-Tunnel hin. Chantal Labinski hat in einer Ecke den Inhalt eines Monteurkoffers ausgebreitet. Thomas Goldberg übertrug seine Notizen offensichtlich in Gebärdensprache und wirft jetzt einzelne Handzeichen mit Diaprojektoren an die Wand. Und die Beuys-Schülerin Inge Mahn hat auf zwei Wänden mit Kohlestift den Verlauf der S 2 aufgezeichnet, die Stationen und besondere Begebenheiten, vor allem den Zustand der Kleingartenkolonien, notiert. Düstere Fotos von Verbotsschildern auf entseelten Wegen sind wenigstens Reibeflächen für die Sinne. Wenn man nicht das Glück hat, einzelne Künstler als Galerie-Aufsicht zu erwischen, erfährt man aber kaum etwas über die für das nächste Frühjahr avisierten Objekte und Installationen. Roswitha Baumeister erzählt, dass sie das Lichtermeer des S-Bahnhofes Heinersdorf in einen Leuchtturm umwandeln und in dessen Inneren Super-8-Filme aus den 60er bis 90er Jahren von den benachbarten Kleingärtnern zeigen möchte. Azade Köker will Istanbuler Eis auf den Bahnhöfen in selbst gebauten Stadtmöbeln verkaufen. Andrea Pichl und Tilman Wendland nutzen den Potsdamer Platz für eine Debatte um öffentliche, halböffentliche und private Räume. Die Ausstellung wird am 25. und 26. Mai mit einem Colloquium in der Akademie der Künste diskursiv aufgegriffen. Die Arbeiten sollen - gefördert vom Hauptstadtkult...

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