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Wowereit hakt Pankow ab

Beim Besuch des Regierenden kamen vor allem Fotografen auf ihre Kosten

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Schon seit Langem kämpft der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) mit dem Ruf, dass ihn kleinere oder größere Probleme der Ebene nicht wirklich interessieren. Immerhin den »Partymeister« ist er losgeworden, als großen Kümmerer sieht ihn aber wohl weiterhin kaum jemand. In der Sommerpause versucht Wowereit, bei Bezirkstouren seiner bröckelnden Popularität entgegenzuwirken. Viele Stunden widmet er sich dabei einem Sightseeing-Programm, bei dem Glanz und Elend der Stadt vorgeführt werden.

Die fünfte Station war gestern Pankow. Gut gelaunt traf Wowereit vormittags am genossenschaftlich organisierten Gewerbehof in der alten Königstadt, nicht weit vom Senefelderplatz entfernt, ein. Zwei Handvoll Journalisten und der Genossenschaftsvorsitzende Klaus Lemmnitz empfingen ihn. »Wir galten bei den Banken als Arme-Schlucker-Genossenschaft, inzwischen will man uns einreden, dass wir ein Modell sind«, fasst Lemmnitz den Werdegang des Gewerbehofs auf einem ehemaligen Brauereigelände zusammen.

Zu sehen gibt es viel Interessantes. Einen kleinen Modellbaubetrieb zum Beispiel, der unter anderem lebensgroße Nachbauten stattlicher Meeresbewohner für ein Museum in Stralsund fertigt. Die Fotografen freuen sich, es gilt, Symbolbilder zu machen: Wowereit interessiert sich für große Fische. Er stellt artig Fragen: Seit wann es die Firma gibt, wie viele Mitarbeiter sie hat. Immer mit dabei ist der eher zurückhaltende Pankower Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD), der ab und zu mit aufs Foto darf.

Bei Archimedes, einem Betrieb für Ausstellungsdesign, hinterlässt ein grüner Vorhang etwas Fasern auf Wowereits Sakko. Wie symbolisch, leider zu unscheinbar für ein Foto, aber für einen Kommentar reicht es: »Nur etwas zupfen, dann wird man grüne Fusseln wieder los.« Kommen die Betreiber der Werkstätten auf Probleme zu sprechen, wünscht Wowereit stets Erfolg, eine Bemühung, sich weiter informieren zu wollen, lässt er nicht verspüren.

Die nächste Station, ein mustergültig begrünter Innenhof, hakt er innerhalb der Hälfte der vorgesehen Zeit ab. Als Fragen zum umstrittenen Klimaschutzgesetz auftauchen, läuft er einige Schritte weiter. Bei der Thematik der Offenlegung der Verträge zur Privatisierung der Wasserbetriebe zuckt er mit den Schultern.

Etwas staatsmännischer tritt er in der Khadija-Moschee in Pankow-Heinersdorf, die vor und während der Bauzeit von Neonazis und Teilen der Nachbarschaft angefeindet wurde, auf. Imam Abdul Basit Tariq berichtet, dass die Situation inzwischen entspannt sei. Es sei sein erster Besuch in der Moschee, sagt der Regierende, und er sei »zufrieden, dass sich die Situation nun so entspannt zeigt«. In diesem Zusammenhang begrüßte er auch den angekündigten Ausschluss des Abgeordneten René Stadtkewitz aus der CDU-Fraktion. Stadtkewitz hatte die Bürgerproteste gegen den Moscheeneubau mitorganisiert.

Nach einer kleinen Radio- und Fernsehansprache werden die Fotografen noch einmal richtig glücklich: Wowereit beim Schuheanziehen, Wowereit unter einem Transparent mit dem Leitspruch der muslimischen Gemeinde: Liebe für Alle – Hass für Keinen, Wowereit vor der Moschee auf einem Spielplatz, zusammen mit Gemeindevertretern. Dann schließen sich die Türen für die Presse, man möchte sich ungestört noch etwas austauschen. Viele gute Bilder gab es auf jeden Fall.

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