Warnungen vor neuen Anschlägen häufen sich

USA-Außenministerium veröffentlichte Jahresbericht über »staatlich geförderten Terrorismus«

  • Max Böhnel, New York
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Seit Präsident George Bush, der Bundespolizei FBI und dem Auslandsgeheimdienst CIA vorgeworfen wird, kurz vor dem 11. September Informationen über bevorstehende Anschläge ignoriert zu haben, häufen sich die behördlichen Warnungen vor neuen Terrorattacken.

Kaum ein Tag vergeht, an dem sich nicht ein weiterer Behördenleiter über diese Möglichkeit auslässt. Warnte zu Wochenbeginn FBI-Chef Robert Mueller vor »unvermeidlichen Selbst-mordangriffen« in den USA, so äußerte am Dienstag Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, Terroristen würden »unvermeidlicherweise auf Massenvernichtungswaffen zugreifen«. Am selben Tag veröffentlichten Bundes- und Stadtbehörden in New York eine vage Warnung vor bevorstehenden terroristischen Angriffen »auf Wahrzeichen der Stadt«. Seitdem haben an der Brooklyn Bridge, die den Stadtteil Manhattan über den East River mit Brooklyn verbindet, wie in den Wochen nach dem 11. September wieder scharfe Verkehrskontrollen eingesetzt. Auch die Freiheitsstatue wird rund um die Uhr zu Wasser und zu Land bewacht. Seit Montagnacht verursachen Sicherheitskontrollen an sämtlichen Brücken und Tunnels der Stadt wieder kilometerlange Staus. Woher die Anschläge kommen sollten und wann, darüber schwiegen sich auch die Behörden aus. Woher der Wind weht, deutete bereits am Sonntag Vizepräsident Dick Cheney an. Terroristen könnten »heute oder nächste Woche oder nächstes Jahr« zuschlagen, äußerte er allen Ernstes. Die »New York Times« vermutete einen Zusammenhang mit der Kritik, die dem FBI aus dem Washingtoner Kongress entgegenschlägt. Das Motto lautet offenbar: Jeden Tag warnen, vielleicht passiert ja etwas, dann kann uns später niemand etwas vorwerfen. Dieselbe Tendenz weist der Jahresbericht des USA-Außenministeriums über den globalen Terrorismus auf, der am Dienstag in Washington von Außenamtschef Colin Powell vorgestellt wurde. Das Dokument namens »Patterns of Global Terrorism« ist ein Rechenschaftsbericht an die Adresse des Kongresses. Er wiederholt die Vorwürfe gegen dieselben sieben Staaten wie in den Jahren zuvor. Zu den bösen Buben gehören freilich nicht Staaten wie Pakistan, Israel, Saudi-Arabien oder Kolumbien, die sich eindeutig staatsterroristischer Methoden bedienen. Denn sie sind Verbündete der USA. Globalen Terror praktizieren dagegen laut Bericht in unterschiedlichen Schattierungen Libyen, Sudan, Iran, Irak, Nordkorea, Syrien und Kuba. Hauptkriterien für die Benotung nach Washingtoner Oberlehrermanier war offenbar die Positionierung auf der Wa-shingtoner Messlatte »Wer nicht für uns ist, ist gegen uns« (George W. Bush). Libyen und Sudan kamen dabei relativ gut weg. Beide Staaten hätten die Anschläge vom 11. September verurteilt und machten Anstrengungen, die Antiterrorkoalition weitestgehend zu unterstützen, wird ihnen bestätigt. Sudan habe Verdächtige verhört und festgenommen. Außerdem teile Khartum mit Washington geheimdienstliche Informationen. Doch weiterhin bleibe das afrikanische Land ein Hafen für Anhänger Osama bin Ladens, für ägyptische und palästinensische Extremisten. Auch Libyen habe sich vom 11. September stark abgegrenzt und bemühe sich um das Image eines »Friedensmachers«. Trotzdem bleibt der Vorwurf an Libyen hängen, an dem Anschlag auf den PanAm-Flug 103 im Jahr 1998 beteiligt gewesen zu sein und die Aufklärung zu behindern. Iran, Nordkorea (die KDVR) und Syrien, heißt es in dem Antiterrorbericht, hätten »nur bescheidene Versuche« unternommen, die Antiterrorkoalition zu unterstützen. Iran, wird hervorgehoben, sei im Jahr 2001 »der aktivste staatliche Sponsor von Terrorismus« gewesen. Iran und Syrien »hätten es gerne auf beide Weise«, wird kritisiert. Zwar äußerten sie sich gegen die Al-Qaida-Organisation bin Ladens, doch die Unterstützung für die palästinensische Hamas und die libanesische Hisbollah gehe unvermindert weiter. Weshalb aber Libanon, wo die Hisbollah eine Partei mit Parlamentsabgeordneten ist, vom USA-Außenministerium nicht als Terrorstaat klassifiziert wird, bleibt unerklärt. Irak und Kuba befinden sich - wen wundert's - auf der Washingtoner Schurkenliste ganz oben. Bagdad habe die Anschläge vom 11. September nicht verurteilt, Irak bleibe eine Basis für palästinensische und kurdische Organisationen, die Terror praktizierten. Und schließlich Kuba: Staatschef Fidel Castro habe angesichts der Antiterrorkoalition »hin- und hergeschwankt«, behauptet der Außenamtsbericht. Außerdem beherberge Havanna kriminelle Flüchtlinge und habe Basken, die von Spanien per Haftbefehl gesucht werden, Asyl gewährt. Aus dem USA-Außenministerium nichts Neues, ließe sich »Patterns of Global Terrorism« zusammenfassen. Das Dokument ist ein politisch motivierter Langweiler, und wer auf der Liste steht, darf von den USA per Gesetz weder...

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