Der lange Sommer der Anarchie

Die heutigen Passanten in der Mainzer Straße kennen die bewegte Geschichte dieses Straßenzuges nur aus Erzählungen

  • Christoph Villinger
  • Lesedauer: ca. 6.0 Min.

»Krieg den Palästen – Friede den Hütten!« Vor 20 Jahren spannte sich ein Transparent mit dieser Aufschrift quer über die Mainzer Straße in Berlin.

Die Mainzer Straße in Berlin-Friedrichshain 1990 und heute (u.). Faksimile: ND
Die Mainzer Straße in Berlin-Friedrichshain 1990 und heute (u.). Faksimile: ND

Gut 30 Häuser waren 1990 im Friedrichshainer Kiez besetzt, davon allein zwölf in einer zum Abriss vorgesehenen Häuserzeile in der Mainzer Straße. Die Hausbesetzer hatten zum Straßenfest geladen, versuchten mit Straßentheater, Disko und Kino sowie »Anarchie statt Deutschland« Kontakt zu ihren Nachbarn aufzunehmen. Heute wehen an genau dieser Stelle tibetische Gebetsfahnen. Die Anfang der 90er Jahre mit rund 50 Millionen Mark (25 Millionen Euro) Sondermitteln vom Senat aufwendig sanierten Häuser sind auch schon wieder in die Jahre gekommen und unterscheiden sich kaum noch von den anderen Altbauten im Stadtteil. An der Ecke zur Frankfurter Allee symbolisiert ein etwas schmuddeliger »Burger King« den Lebensstil des westlichen Kapitalismus, am anderen Ende des Straßenzugs präsentiert an der Ecke zur Boxhagener Straße ein »Döner Mega Grill« die aus Westberlin herübergezogene multikulturelle Gesellschaft. Dazwischen dominiert die Alternativku...


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