Afghanistans embryonale Demokratie unterliegt

Die Bedingungen, unter denen Afghanistans Parlamentswahl am kommenden Sonnabend stattfinden wird, sind mangelhaft

  • Thomas Ruttig, Kabul
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle appellierte am Montag an die afghanische Führung, für freie Parlamentswahlen in ihrem Land zu sorgen. Man dürfe an die Abstimmung am 18. September zwar keine mitteleuropäischen Maßstäbe anlegen, sagte Westerwelle in Berlin, doch der Wille der Bürger in Afghanistan müsse frei zum Ausdruck kommen können. Man darf bezweifeln, dass dem so sein wird.

»Der Kommunismus ist hier gescheitert, der Islam ist hier gescheitert. Der einzige Weg ist jetzt die Demokratie«, sagte ein afghanischer Bekannter unmittelbar nach dem Ende des Taliban-Regimes im Jahr 2001. Der Mann, der jetzt im Parlament sitzt und auch bei den kommenden Wahlen wieder kandidiert, fragte sich aber: »Was wird geschehen, wenn auch die Demokratie scheitert?«

Das Regime der Mudschahedin nach dem Abzug der sowjetischen Truppen hatte das Land in einen neuen Bürgerkrieg geführt, das der Taliban führte zu Entrechtung, nicht nur für Frauen, Isolation von der Weltgemeinschaft und sozialem Rückschritt. Die Politik der Taliban bestand oft nur aus Gottvertrauen – wissend, dass UNO und Hilfsorganisationen sich schon um das Schlimmste kümmern würden. Nicht nur Intellektuelle, auch Afghanen im Basar erklärten dem westlichen Besucher, dass sie Afghanistan wieder als »ein Land wie jedes andere« sehen wollten, Wahlen eingeschlossen...


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