Zweifel an Eignung des Innenministers

Opposition rügt die überhastete Entscheidung des Ministerpräsidenten für Dietmar Woidke

Kaum hatte Innenminister Rainer Speer (SPD) am Donnerstagnachmittag seinen Rücktritt erklärt, da präsentierte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) schon den Nachfolger: Landtagsfraktionschef Dietmar Woidke.

Mit der überhasteten Besetzung des frei gewordenen Postens habe der Regierungschef die Chance für einen Neustart verpasst, meinte gestern Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. »Was wohl Stärke demonstrieren sollte, ist in Wirklichkeit ein Zeichen der Schwäche.« Wie schon nach dem Rücktritt von Infrastrukturministerin Jutta Lieske (SPD) habe Platzeck eine »einsame Entscheidung« getroffen – offenkundig ohne die Parteigremien und die SPD-Fraktion einzubeziehen. »Einsame Entscheidungen machen einsam, und sie widersprechen auch dem Geist der innerparteilichen Demokratie.«

Vogel vertrat die Ansicht, dass Speers Rücktritt die Möglichkeit eröffnet hätte, dem Kabinett »mit frischem Personal neue Kraft zu geben«. Die Personalreserve der brandenburgischen SPD sei aber erkennbar dünn. Deshalb wäre der Ministerpräsident gut beraten gewesen, sich bundesweit nach profilierten Fachpolitikern umzusehen. Bei allem Respekt vor Woidke hegt Vogel Zweifel, ob er der am besten geeignete Nachfolger ist und die Polizeireform optimal meistern kann. Woidke ist Diplom-Agraringenieur und war von 2004 bis 2009 Landwirtschaftsminister.

Woidke sei eine »ahnungslose Notbesetzung«, meinte der CDU-Landtagsabgeordnete Sven Petke. Die innere Sicherheit als Kernaufgabe sei dem Agrarfachmann fremd. »Er hat auf diesem Gebiet keine Erfahrungen.« Der Ministerpräsident werde die Legislaturperiode politisch nicht überleben, mutmaßte der CDU-Abgeordnete.

SPD-Generalsekretär Klaus Ness bedauerte Speers Rückzug. Dieser habe sich große Verdienste um die märkische Sozialdemokratie erworben. Die Partei und auch das Land seien gut beraten, ihm keinen Dreck nachzuwerfen. Ness betonte, Speer sei nicht wegen der Vorwürfe um den fragwürdigen Verkauf eines Kasernengeländes in Krampnitz zurückgetreten. Er versuche vielmehr, die Privatsphäre Dritter zu schützen. Die Boulevardpresse hatte über angeblich verweigerte Alimente für eine uneheliche Tochter berichtet. Der CDU warf Ness vor, diese suche krampfhaft nach Themen, um der Landesregierung zu schaden.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) forderte den designierten Innenminister Woidke auf, die Eckpunkte der geplanten Polizeireform kritisch zu überprüfen. Woidke habe die Chance, eigene Akzente zu setzen, sagte der BDK-Landesvorsitzende Wolfgang Bauch. Nicht nur über den massiven Personalabbau müsse neu nachgedacht werden. Bauch forderte, Kriminalkommissariate, die an zur Disposition stehende Polizeiwachen angebunden sind, nicht ersatzlos einzudampfen.

Woidkes Nachfolger als Fraktionsvorsitzender soll voraussichtlich am Dienstag gewählt werden, verriet SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Kralinski. Einen Namen nannte er nicht. Seite 4

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