Die Wintergarten-Masche

Betrüger schoben Ehepaar in Elbe-Elster teuren Vertrag unter und kassierten

Einen Wintergarten für das Eigenheim im Landkreis Elbe-Elster wünschte sich die Familie schon lange. So schien es ein glücklicher Zufall, als neulich eine Firma anrief und ein Angebot machte, das verlockend klang. Doch die Eheleute fielen offensichtlich auf Betrüger herein. Sie möchten nicht erkannt werden. Deshalb nennen wir sie hier einfach Christa und Heinz Müller, obwohl sie in Wirklichkeit anders heißen. Weil sich die Betrugsabsicht schwer nachweisen lässt, müssen wir auch den Namen des Unternehmens weglassen. Es würde womöglich auch nicht viel helfen, diesen Namen zu veröffentlichen, denn die Betrüger wechseln ihn eventuell immer wieder.

Am Telefon hörte sich alles so gut an. Man einigte sich auf Termine für eine Besichtigung und Gespräche. Der erste Besucher stellte sich als Mitarbeiter vor. Er sondierte das Terrain und bereitete es vor für den zweiten Mann, der einige Tage später erschien und sich als Chef des Unternehmens vorstellte. Zunächst gefiel den Müllers der Vorschlag. Einen ganz prima Wintergarten sollten sie hingestellt bekommen und in Ruhe abzahlen. Die monatliche Rate von 180 Euro sollte sie nicht abschrecken, denn in Wirklichkeit müssten sie angeblich gar nicht so viel berappen, hieß es, sondern viel weniger. Nur ein bisschen Werbung verlangten die Verkäufer als Gegenleistung. Wenn sich Interessenten den tollen Wintergarten der Müllers anschauen dürften, dann würde es eine Prämie geben. Noch höher würde die Prämie ausfallen, wenn die Interessenten selbst einen Wintergarten bestellen. Bis zu 120 Euro pro Monat sollten den Müllers auf ihre Rate angerechnet werden.

Sie freuten sich sehr. Als der Betrüger ihnen zum Schluss ein Papier hinschob, unterschrieben sie bereitwillig und ohne genau zu lesen. Sie hatten Vertrauen gefasst. Das war ihr Fehler. Angeblich ging es nur um einen Kostenvoranschlag. Tatsächlich unterzeichneten die Eheleute bereits einen Vertrag. Das Kleingedruckte hatte es in sich. Die Klausel mit der Werbung konnte von der Firma jederzeit wiederrufen werden und dann müssten die Müllers stattliche 32 000 Euro berappen. Davon abgesehen dämmerte ihnen schon, dass die Interessenten vor ihrem Wintergarten keineswegs Schlange stehen würden. Schließlich fand Christa Müller heraus, dass der ihnen versprochene Wintergarten tatsächlich nur 10 000 Euro wert sei. Und sie entdeckte im Internet, dass vergleichbare Betrügereien mindestens seit 2002 laufen. Die Betroffenen sind verzweifelt.

Müllers suchten Rat bei der Verbraucherzentrale und konsultierten eine Rechtsanwältin. Dabei stellte sich heraus: Den Vertrag können sie von sich aus schwer auflösen. Da es mehr als ein Treffen gab, gelte die Sache nicht mehr als ein Haustürgeschäft, das sich innerhalb einer begrenzten Frist noch schnell wieder kündigen lasse, erläuterte die Anwältin. Man könne zwar wegen Betrugs klagen. Aber wie das Gericht entscheidet? Man müsste beweisen, dass der Vertrag als Kostenvoranschlag untergeschoben wurde. Doch wie sollten die Müllers das beweisen? Man unterschreibt doch sowieso keine Kostenvoranschläge. »Das war blauäugig von uns«, bedauert Heinz Müller. Am Ende verlegte sich das Ehepaar aufs Verhandeln. Sie baten um ein erneutes Gespräch mit den Betrügern. Gegen die Zahlung von satten 6000 Euro wollte der vorgebliche Firmenchef den Vertrag ungültig machen. Auf 4000 Euro ließ er sich herunter handeln. Wohlgemerkt: auf 4000 Euro für nichts. Die Müllers bettelten, sie weinten, sie versuchten zu drohen. Am Ende erfolgte die schmerzliche Einigung auf 1500 Euro. Als Termin der Übergabe vereinbarte man den folgenden Tag. Heinz Müller befragte die Rechtsanwältin noch einmal nach ihrer Meinung. Sie riet ihm zu. So drückte Heinz Müller dem Betrüger am nächsten Morgen den Briefumschlag mit dem Bargeld in die Hand. Der Empfänger tat, als erweise er dem geschröpften Ehepaar eine Gnade.

Heinz Müller ärgert sich gewaltig und ist zugleich froh, die Angelegenheit noch halbwegs heil überstanden zu haben. Besser 1500 Euro verloren als 22 000 Euro zum Fenster hinausgeschmissen. Künftig werde er klüger sein, hofft Heinz Müller. Er möchte, dass niemand mehr auf solche Betrüger hereinfällt. Darum rief er beim ND an, um seine Warnung loszuwerden.

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