»Politputzerin« muss nicht zahlen

Nazischmiererei übersprüht / Hausverwaltung sagte gütliche Einigung zu

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: 3 Min.
Sie bezeichnet sich selbst als »Politputzerin« und ist unermüdlich unterwegs, um Nazischmierereien in Berlin aufzuspüren und zu beseitigen oder zumindest unkenntlich zu machen. Das wäre Irmela Mensah-Schramm nun beinahe teuer zu stehen gekommen. Sie übersprühte ein Keltenkreuz an einer Hausfassade im Neuköllner Ortsteil Rudow großflächig mit schwarzer Farbe.
Irmela Mensah-Schramm ist gegen den Dreck.
Irmela Mensah-Schramm ist gegen den Dreck.

Die Verwendung des von der rechtsextremen Szene missbrauchten Symbols ist strafbar, doch mit dem Übermalen sollte sich auch Irmela Mensah-Schramm strafbar gemacht haben und wegen Sachbeschädigung von der zuständigen Hausverwaltung Becker & Kries mit 270 Euro zur Kasse gebeten werden.

Boris Drigalski, Leiter des Bestandsmanagements Wohnen bei der Immobilien Management Becker & Kries, räumte ein: »Wir haben der Schmiererei an einer Hausfassade im Ostburger Weg offensichtlich nicht diese Bedeutung zugemessen, sonst hätten wir das schneller entfernt.« Der Kampf gegen Nazischmierereien sei Irmela Mensah-Schramm hoch anzurechnen. Das gebe ihr aber nicht das Recht, die Symbole zu übersprühen. Sie habe das Geschmiere ja nicht entfernt und damit den Schaden noch größer gemacht, so die Hausverwaltung.

An die Adresse der »Politputzerin« fragte Drigalski: »Warum hat Frau Mensah-Schramm uns nicht darauf hingewiesen? Dann hätten wir das Zeichen umgehend entfernt.« Nun wolle man aber die Angelegenheit nicht eskalieren lassen. »Schließlich hätte uns das Entfernen des Keltenkreuzes auch etwas gekostet.« Deshalb wolle man sich gütlich einigen und die Angelegenheit auf sich beruhen lassen. Irmela Mensah-Schramm muss nichts zahlen. »In Zukunft soll sie sich aber bitte melden, wenn ihr etwas auffällt«, rät Boris Drigalski. Andere Wohnungsunternehmen könnten hart bleiben. Im juristischen Sinne habe Mensah-Schramm eine Straftat begangen, meint das Management Becker & Kries. Sachbeschädigung lautet der Vorwurf.

Das Keltenkreuz oder auch irische Kreuz ist ein Element der frühmittelalterlichen und mittelalterlichen sakralen Kunst im keltischen Kulturraum – Bretagne, Cornwall, Irland, Isle of Man, Schottland, Wales. Das Kreuz mit Stützbalken ist meist aus Stein gehauen, um den Schnittpunkt der Balken liegt ein Ring.

Das Keltenkreuz wird von der rechtsextremen Szene als Symbol missbraucht, dessen Verwendung strafbar ist. Laut Bundesgerichtshof kann auch die isolierte Verwendung eines stilisierten gleichschenkeligen Keltenkreuzes nach Paragraf 86 a des Strafgesetzbuches strafbar sein,

Deshalb wehrt sich die Hausverwaltung auch vehement gegen Mensah-Schramms Vorwurf, »wir oder die von uns vertretene Eigentümerin hätten durch die Verharmlosung von Nazisymbolen an der Immobilie der gewaltbereiten Naziszene einen guten Dienst erwiesen. Das weisen wir ausdrücklich zurück«, heißt es in einem Schreiben der Immobilien Management GmbH. Mensah-Schramm hatte der Hausverwaltung vorgeworfen, die Keltenkreuzschmiererei zu verharmlosen. »Sie hätte jederzeit die Möglichkeit gehabt, mit uns Kontakt aufzunehmen«, so Drigalski.

Jede Woche ist die 65-jährige Irmela Mensah-Schramm über 40 Stunden auf den Straßen der Hauptstadt unterwegs, um rechtsextreme Schmierereien oder auch Aufkleber aufzuspüren und sie unkenntlich zu machen. »Ich mache weiter«, erklärte sie ND. Dann ging sie zur Eröffnung ihrer Ausstellung »Hass vernichtet« im Mieterladen in der Kreutzigerstraße 23 in Friedrichshain.

www.hass-vernichtet.de

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