Wohngebiet muss Tagebau nicht weichen

Unabhängiges Gutachten ergab: Rund 450 Bewohner der Häuser in »Neue Heide« dürfen bleiben

  • Peter Jähnel, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.

Vorsichtiges Aufatmen in Welzow: Für die geplante Erweiterung des Braunkohletagebaus Welzow-Süd müssen weniger Einwohner umgesiedelt werden als bisher vorgesehen. Das habe ein unabhängiges Gutachten ergeben, sagte gestern Rüdiger Geffers von der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg.

Demnach müssten nur 810 Bewohner wegen des künftigen Teilfeldes II umziehen, kündigte Geffers im Braunkohlenausschuss des Landes an. Bisher war man davon ausgegangen, dass 1255 Menschen umsiedeln müssen.

Nunmehr könnten rund 450 Menschen im Welzower Wohngebiet »Neue Heide« in ihren Häusern bleiben. »Das bedeutet auch mehr Chancen für die Stadtentwicklung«, bemerkte Geffers. In Welzow leben etwa 4000 Menschen. Von der Umsiedlung, die bis 2020 abgeschlossen sein soll, seien allein mehr als 400 Einwohner der Kernstadt Welzow sowie alle 340 Bewohner des eingemeindeten Dorfes Proschim betroffen. Das Gutachten war nach einer Forderung der Stadt Welzow, möglichst Umsiedlungen vor dem Teilfeld II zu vermeiden, von Geologen im sächsischen Freiberg erarbeitet worden.

Auf dieser Basis will der Energiekonzern Vattenfall die künftige Tagebaukante ein Stück zurücknehmen. »Das bedeutet aber auch, dass etwa sechs Millionen Tonnen Kohle weniger an das Kraftwerk Schwarze Pumpe geliefert werden können«, bemerkte Geffers. Das sei eine halbe Jahresproduktion aus diesem Tagebau.

Wie Vattenfalls Tagebauplaner Detlev Dähnert ankündigte, will das Unternehmen im nächsten Jahr mit den von Umsiedlung betroffenen Welzowern Verhandlungen aufnehmen. Die Landesregierung soll im Jahr 2013 über den Braunkohlenplan für den zweiten Teilabschnitt des Welzower Kohlefeldes entscheiden.

Welzows Bürgermeisterin Birgit Zuchold (SPD) sagte, sie sei froh darüber, dass nun nicht mehr so viele Einwohner den Kohlebaggern weichen müssen. »Dennoch gefährdet die geplante Umsiedlung von mehr als 800 Welzowern die Zukunft der Stadt«, warnte sie. Viele Betroffene wollten nicht mehr in der Stadt bleiben. »Wir können nicht bis zur Entscheidung über den Braunkohlenplan 2013 warten, sondern müssen diesen Menschen jetzt eine Perspektive in der Stadt anbieten«, forderte die Bürgermeisterin. Deshalb müsse das seit zwei Jahren geplante Konzept von Welzow als einer »Gartenstadt am Tagebau« schnell umgesetzt werden.

Zur Sitzung des Braunkohlenausschusses hatten sich auch Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE) sowie der Lausitzer Vattenfall-Chef Hartmuth Zeiß angekündigt. Beide sagten kurzfristig ab.

Der vor 20 Jahren gegründete Ausschuss mit Sitz in Cottbus hat die Aufgabe, die regionalen Interessen bei der Braunkohleförderung und bei der Tagebausanierung zu berücksichtigen und Kompromisse zu finden. Dem Gremium gehören unter anderen Vertreter von Kommunen, Gewerkschaften, Parteien, der Bergbauunternehmen Vattenfall und LMBV sowie von Umwelt- und Naturschutzverbänden an.

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