Dritte Welt vor Gericht

Der Prozess gegen die somalischen Piraten in Hamburg wirft viele unangenehme Fragen auf

  • Susann Witt-Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Der zweite Verhandlungstag gegen zehn mutmaßliche Piraten aus Somalia gestaltete sich zäh. Einige der insgesamt 20 Verteidiger kritisierten gestern die zum Teil reißerischen Medienberichte über den Prozessauftakt sowie unverpixelte Porträts der Angeklagten, die in einigen Zeitungen und im Internet aufgetaucht waren. Eine Verletzung des Jugendschutzgesetzes, meinen die Anwälte.

Auf der Anklagebank sitzen auch Heranwachsende und Jugendliche. Nachdem Abdi Yusuf K. auf die Frage nach seinem Geburtsort angegeben hatte, er sei »unter einem Baum« auf die Welt gekommen, habe ihn die Presse der »Lächerlichmachung« preisgegeben, begründet Verteidiger Thiel seinen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit: »Solche Bloßstellungen und Verletzungen des Schamgefühls sind vermeidbar und dienen nicht der Wahrheitsfindung.«

Die scheint auf ersten Blick gar nicht schwer. Es gibt erdrückende Beweise, dass die Männer und Jungen im April dieses Jahres vor der Küste Somalias das deutsche Containerschiff MV Taipan gekapert haben. Ihre Absicht laut Anklage: »Erpresserischer Menschenraub« der 15-köpfigen Besatzung. Eine niederländische Marineeinheit vereitelte die Aktion. Im Falle einer Verurteilung drohen den Somaliern bis zu 15 Jahren Gefängnis.

Aber so einfach ist das nicht. Die Verteidigung verweist auf die extreme Notlage der Bevöl...


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