Volley Cats vor dem Aus?

Berliner Vereinskrisen gehen weiter / Lotterie-Gelder wurden dem Volleyball-Erstligisten verweigert / Rettung für die Berlin Capitals in Sicht

Für die Sportstadt Berlin nicht gerade eine Werbung: Zwei renommierte Vereine der höchsten Spielklasse stehen ganz dicht am Abgrund.
Nach den Berlin Capitals, die wegen einer Schuldenlast von rund 23 Millionen Mark keine Lizenz für die nächste Saison in der Deutschen Eishockey-Liga erhalten und noch eine Galgenfrist bis zum 15. Juli haben, um ein fundiertes Entschuldungskonzept bei der DEL einzureichen (ND berichtete am 4. Juli), steht nunmehr offenbar der mehrfache deutsche Volleyball-Frauenmeister Volley Cats vor dem Aus.

180000 Mark Schulden

Der Erstligist hatte beim Stiftungsrat der Klassenlotterie Berlin bereits am 8. Fe-
bruar dieses Jahres einen so genannten Nachantrag über eine Summe in Höhe von 120000 Mark gestellt. Doch dieser Antrag, der von der zuständigen Berliner Senatsbehörde und vom LSB unterstützt wurde, war damals nicht behandelt worden. Ein Stiftungsratsmitglied hatte gegen eine schnelleren Bearbeitung gestimmt.
Nunmehr wurde dieser Antrag, der sich auf Zahlungen für die zurückliegende Saison bezieht, am letzten Montag behandelt - und abgelehnt. Vereins-Präsident Norbert Bücker hatte schon vorher angekündigt, dass im Falle einer negativen Entscheidung der Verein ein Insolvenzantrag stellen muss. Der Etat der letzten Saison war schon von 750000 Mark auf 500000 Mark zurückgefahren worden. Der langjährige Manager Siegbert Brutschin hatte seinen Platz geräumt und sich bei einer Werbeagentur anstellen lassen, um Personalkosten für die Volley Cats zu sparen.
In die Klemme ist der Verein diesmal gekommen, weil zu Jahresbeginn ein Sponsor seine Zusage kurzfristig zurückzog. Nicht zuletzt dadurch türmten sich Schulden in Höhe von rund 180000 Mark auf. Für die Volley Cats übrigens keine ungewöhnliche Situation, denn schon in der Saison davor beliefen sich die ausstehenden Verbindlichkeiten auf 300000 Mark.
In den letzten Tagen fanden Gespräche zwischen dem Verein und dem Berliner Landessportbund über eine Rettung statt. Doch ein Ausweg aus der Finanzkrise konnte auch hier nicht gefunden werden. Den Volley Cats wurde vom LSB-Sportdirektor Norbert Skowronek nahe gelegt, wie er gegenüber ND erklärte, »mit ihren Anwälten zu prüfen, inwieweit der Verein schon aus haftungsrechtlichen Gründen ein Insolvenzverfahren stellen muss, damit der Verein nicht in den Verdacht der Konkurs-Verschleppung gerät«.

Neue Vereinsgründung?

Die Volley Cats Berlin hatten sich übrigens erst im Herbst 1999 gegründet. Bis dahin waren sie unter dem Namen CJD Berlin - nach der Wende war die nahezu komplette DDR-Meistermannschaft des ehemaligen SC Dynamo Berlin dort hin gewechselt - zu ihren größten Nachwende-Erfolgen gekommen: 1993 Europacupsieger, zwei Mal deutscher Meister und vier Mal DVV-Pokalgewinner. Doch nach dem Rückzug des Hauptsponsors Christliches Jugenddorfwerk Deutschland aus dem Sponsoring für den deutschen Spitzensport gründete man kurzer Hand einen neuen Verein - eben die Volley Cats Berlin.
Vereins-Chef Bücker, der schon etliche Stürme mit den Volleyballerinnen durchgemacht hat, will den Weg in die Insolvenz aber vorerst noch nicht gehen. »Das wäre das totale Aus für den Verein«, sagt er und sucht verzweifelt weiter nach einem tragfähigen Entschuldungskonzept. Dabei hofft er, dass Gläubiger den Cats einen Großteil der Schulden erlassen, der Verein zusagen die Schulden gegen Null fährt und obendrein möglichst schnell Sponsoren für einen Neuanfang findet.
Bücker und Vereins-Manager Heinz Kuring hatten schon zu früheren Zeiten den Cats mit einer Privatbürgschaft ausgeholfen. Gegenwärtig ist die Lage aber so dramatisch, dass es keine Chance gibt, den Spielerinnen Gehalt zu zahlen. Bücker sieht »als weitere eine Rettungsmöglichkeit, dass laut Spielordnung ein Team unter anderem Namen den Bundesliga-Platz der Volley Cats einnimmt«. Diesen Weg favorisiere er jedoch nicht. Er setzt auf eine erfolgreiche Sponsorensuche. Das scheint nach Lage der Dinge ziemlich aussichtslos zu sein. »Insolvenz wäre für die Mannschaft das Beste«, sagt der Manager und Bauunternehmer Kuring realistisch.
Kommt es womöglich zu einem Vereinswechsel der Spielerinnen und damit verbunden zur Bundesliga-Spielrechts-Übertragung? Etwa ein Arrangement mit dem Zweitbundesligisten TSV Spandau 1880 oder TSV Rudow 1888 oder Berliner TSC? Oder steht eine erneute Neugründung eines Volleyball-Vereins bevor? Krise und Hoffnungen gehen Hand in Hand.

Vier Sponsoren bei Caps

Bei den Berlin Capitals zeichnet sich noch vor dem Ende der von der DEL festgesetzten Galgenfrist am 15. Juli eine neue Lage ab, die tatsächlich das Überleben der Berliner Eishockey-Cracks bedeuten könnte. Dem Vernehmen nach haben sich bis Mittwochnacht vier Sponsoren bereit erklärt, rund 11 Millionen Mark aufzubringen. Das könnte als Grundstock eines Entschuldungskonzeptes von der DEL durchaus akzeptiert werden. Wenn das aber verweigert und die DEL-Lizenz erneut nicht erteilt wird, bliebe den Capitals noch der Weg vor das DEL-Schiedsgericht.
Allerdings sind die Probleme der Caps trotz der Sponsoren-Ankündigung nicht aus der Welt. Zum einen drängen inzwischen etliche Spieler über eine Rechtsanwalts-Kanzlei darauf, dass der DEL-Verein Konkurs anmeldet. Sie befürchten, dass das Insolvenzverfahren unzulässig verschleppt wird. Zum anderen laufen den Capitals angesichts der ungewissen Lage allmählich die Spieler davon. Drei haben den Verein definitiv schon verlassen, fünf handelten mit anderen Vereinen bereits unterschriftsreife Verträge aus - darunter auch Super-Keeper Andrej Mezin, der zum Ortnachbarn Berliner Eisbären zu wechseln gedenkt. Mit Galgenhumor reagiert darauf Capitals-Manager Lorenz Funk: »Das einzig Positive daran ist, dass sie noch nicht unterschrieben haben.« Auch bei den Charlottenburgern regiert also das Prinzip Hoffnung...
Übrigens gib es noch einen brisanten Fall in dieser Stadt - den Fußball-Oberligisten BFC Dynamo. Der im Überlebenskampf steckende einstige DDR-Rekordmeister nannte jüngst auf seiner Mitgliederversammlung die exakte Schuldenlast: 1,3 Millionen Mark. Einziger Trost im Augenblick nach dem Rücktritt der Vereins-Präsidentin Karin Seidel-Kalmutzki: Die Betriebskrankenkasse und das Finanzamt als Hauptgläubiger haben noch kein Insolvenzverfahren beantragt. A...

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