S-Bahn muss bluten – für die Bahn

Unternehmen soll neue Gebühr zahlen / Ramsauer fordert Taten

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Der gestern Vormittag einsetzende Schneefall hat die Situation bei der S-Bahn nicht wie befürchtet verschlimmert. Das Unternehmen konnte mit 335 Viertelzügen (bestehend aus je zwei Wagen) sogar 22 mehr einsetzen als am Vortag und damit erstmals sein Versprechen vom Montag erfüllen, täglich 20 weitere Züge in Betrieb zu nehmen. Dadurch war es laut Bahn-Sprecher Burkhard Ahlert möglich, die Linien S 46 und S 47 wieder durchgehend zwischen Westend und Königs Wusterhausen bzw. Südkreuz und Spindlersfeld zu befahren.

Mit Beginn der kommenden Woche sollen mit 416 Viertelzügen wieder so viele einsatzfähig sein wie vor dem Wintereinbruch. Für einen Normalbetrieb wären allerdings 562 erforderlich.

Auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) findet die Zustände bei der S-Bahn »nicht in Ordnung«, wie er der Bild-Zeitung anvertraute. Die S-Bahn-Führung müsse ihren Worten endlich Taten folgen lassen.

Für den Deutschen Bahnkundenverband (DBV) ist diese Schuldzuweisung jedoch »ein üblicher Reflex, um von den eigenen Versäumnissen abzulenken«. Die S-Bahn gehöre dem Bahnkonzern (DB), und Eigentümer der DB sei der Bund, erinnerte DBV Landeschef Frank Böhnke. Für defekte Weichenheizungen und nicht gefegte Bahnhöfe sei nicht die S-Bahn, sondern die jeweilige Konzerntochter der DB verantwortlich. Vorgaben und Rahmenbedingungen auch der Bundespolitik hätten zu den Zuständen beigetragen, so Böhnke. »Herr Ramsauer sollte endlich handeln.«

In die gleiche Richtung zielt die Kritik des Senats. »Es geht um die Frage, wie in Netz und Betrieb der S-Bahn investiert wurde«, sagte Mathias Gille, Sprecher von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Die Entscheidung der Bundesregierung, 500 Millionen Euro von der Bahn an den Bund abzuführen, sei da eine »völlig falsche Weichenstellung«.

Dafür wird auch die S-Bahn von ihrem Mutterkonzern weiter abkassiert. Seit Oktober muss das Unternehmen für das Abstellen von Zügen auf den Gleisen extra bezahlen. Diese Abstellgebühren wurden bisher nur bei Fern- und Regionalzügen fällig, bei der S-Bahn waren sie in den Trassenpreisen enthalten. Von der Ausweitung der Regelung auf die S-Bahn verspricht sich der Bahnkonzern mehrere Millionen Euro Einnahmen jährlich. So sei eine saubere Trennung zu den Trassenpreisen möglich, so ein Bahnsprecher. Die Trassenpreise, die die S-Bahn für die Nutzung der Gleise an die Konzerntochter DB Netz zahlen muss, sollen im Gegenzug allerdings nicht gesenkt werden, hieß es.

Etwas sparen kann die S-Bahn dafür 2011 voraussichtlich bei den Stationspreisen. Pro Halt im Hauptbahnhof soll sie künftig statt bisher 43,79 nur noch 14,69 Euro zahlen. Bei 600 Stopps kommt da einiges zusammen. Im gleichen Umfang sinkt der Preis im Bahnhof Südkreuz. Bei weniger wichtigen Stationen steigen die Gebühren allerdings, ein Halt am Bahnhof Friedrichstraße kostet ab 1. Januar 2011 statt 7,04 dann 7,06 Euro.

Im vergangenen Jahr zahlte die S-Bahn insgesamt mehr als 250 Millionen Euro an Trassen- und Stationspreisen. Gelder, die offenbar nicht wieder in die Infrastruktur investiert wurden. DB Netz macht satte Gewinne, investiert sie aber nicht wieder in die Infrastruktur, wie die nicht funktionierenden Weichen und Signale belegen. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Fahrgelder der Berliner und die Landeszuschüsse trotz maroder Infrastruktur an die DB Netz fließen, kritisierten die Grünen und forderten erneut die Kündigung des S-Bahnvertrages durch den Senat.

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