Der Narziss und sein Diktator

Holocaust-Forscher Peter Longerich über Goebbels, Hitler und die Deutschen

PETER LONGERICH, geboren 1955 in Krefeld, ist Direktor des »Research Centre for the Holocaust and Twentieth-Century History« an der Universität London. Seine Dissertation 1983 widmete sich dem NS-Außenministerium unter Ribbentrop. Große Beachtung fanden seine Bücher »Politik der Vernichtung. Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung«, »Der ungeschriebene Befehl. Hitler und der Weg zur ›Endlösung‹« sowie »›Davon haben wir nichts gewusst!‹ Die Deutschen und die Judenverfolgung 1933–1945«. Jetzt legte er eine Goebbels-Biografie vor (Siedler, 910 S., geb., 39,99 €).

ND: Warum haben Sie eine Biografie von Goebbels verfasst? Gibt es nicht genug Bücher über ihn?
Longerich: Eigentlich nicht. Es ist die zweite Biografie über einen führenden Nazi, die ich geschrieben habe.

Zuvor haben Sie sich mit Himmler befasst. Gleiche Frage. Warum?
Weil der biografische Zugang hilfreich ist, um den Nationalsozialismus zu analysieren. Das heißt nicht, dass ich das System auf eine oder einige Personen reduzieren würde. Aber über Personen kann man Herrschaftsstrukturen und Mechanismen sezieren. Im Fall von Goebbels die Propaganda im Dritten Reich. Ich habe seine Tagebücher ausgewertet. Und da gelangt man doch zu wirklich neuen Erkenntnissen.

Zum Beispiel?
Ich erkannte, dass der Schlüssel zum Verständnis seiner Person eine starke narzisstische Ausprägung ist. Er hatte einen immens hohen Bedarf an Anerkennung, der eigentlich nicht stillbar war. In seinen Tagebüchern notiert er beispielsweise, dass er am Abend eine große ...



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