»Unten bleiben ist keine Option«

Regionale Wirtschaftsverbände kritisieren Diskussion über Hauptstadtflughafen in Schönefeld

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Angesichts der Flugroutendebatte beim Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) bemühen sich die Wirtschaftsverbände von Berlin und Brandenburg um Geschlossenheit. Bei einer Pressekonferenz zeigten sich gestern die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), die Industrie- und Handelskammern (IHK) Potsdam und Cottbus sowie die Handwerkskammern Berlin und Cottbus verärgert, dass das Infrastrukturprojekt in Schönefeld von Bürgerinitiativen und Politikern in Frage gestellt wird. Der Flughafen sei nach vier Jahren Bauzeit quasi fertig, eine Grundsatzdiskussion um den Standort zu führen damit »absurd«.

Die Wirtschaftsverbände sprachen sich einhellig für den Parallelbetrieb und die Nutzung der »Tagesrandzeiten« für Flüge aus. Sie forderten außerdem, dass der Flughafen nicht Thema des Abgeordnetenhauswahlkampfes im September 2011 wird.

Hauptanliegen der Wirtschaftsverbände war eigentlich, über die Zukunftsperspektiven des BBI zu informieren. Der Flughafen sei eine »Erfolgsstory« für die Region, da mit 1,24 Milliarden Euro fast zwei Drittel des Auftragsvolumens an Unternehmen in Berlin und Brandenburg gingen, erklärte UVB-Geschäftsführer Christian Amsinck. Nach 1550 Bautagen seien drei Viertel der Arbeiten abgeschlossen. Nun wollten auch die Betriebe die Flugrouten erfahren, die bei Inbetriebnahme des Flughafens gelten werden. Damit verbunden sieht Amsinck es als »gefährlich und falsch« an, die Fertigstellung des BBI in Frage zu stellen und mit der Diskussion um die Flugrouten zu vermischen. Diese spielten im Planfeststellungsverfahren keine Rolle. Der Flughafen solle daher so vollendet werden wie geplant, sagte Amsinck. Denn für die Wettbewerbsfähigkeit der Region sei der Flughafen »unverzichtbar«.

Eine Perspektive für weiteres Wachstum sei nach Einschätzungen der Wirtschaftsverbände vorhanden. Die Berliner Fluggastentwicklung habe sich in diesem Jahr erholt. Von Januar bis Oktober 2010 seien die Passagierzahlen in Berlin um 6,4 Prozent im Vergleich zum Krisenjahr 2009 angestiegen. Bei Inbetriebnahme des BBI im Juni 2012 rechnet der Potsdamer IHK-Präsident Victor Stimming mit einer Steigerung auf 24 Millionen Passagiere pro Jahr. Stimming geht weiterhin davon aus, dass 40 000 Arbeitsplätze in der Umgebung des Flughafens entstehen könnten. Optimistischere Prognosen gingen gar von 70 000 aus.

Der IHK-Chef von Potsdam zeigte sich darüber hinaus sicher, dass der Flughafen in Schönefeld die Lebensqualität aller Menschen verbessern werde. Diejenigen, die sich in den vergangenen Jahren im Raum Blankenfelde ansiedelten, hätten gewusst, dass es nicht ganz ohne Lärm gehen werde. »Irgendwo wird es immer Betroffene geben«, meinte Stimming zu den Protesten. Er warnte, sich bei der Festlegung der Flugrouten zur Provinz zu erklären. »Bonner Verhältnisse können nicht das Ziel sein«, befand Stimming.

Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin, ging in seiner Formulierung noch einen Schritt weiter. »Unten bleiben ist keine Option«, bemerkte er in Anlehnung an das Motto »oben bleiben« der Kopfbahnhof-Befürworter in Stuttgart. Der Flugbetrieb müsse schnellstmöglich aufgenommen werden.

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