Verhandelt wird der Fall »Vorschlaghammer«

Türkische Offiziere müssen sich für angeblichen Putschplan gegen die Regierung verantworten / Premier Erdogan scheint an Schuldspruch stark interessiert

  • Jan Keetman, Istanbul
  • Lesedauer: ca. 5.0 Min.

Wegen eines mutmaßlichen Putschplanes ranghöchster türkischer Offiziere gegen die islamisch-konservative Regierung macht die Justiz des Landes in Silivri, westlich von Istanbul, seit Donnerstag fast 200 Verdächtigen den Prozess. Hauptangeklagte sind General a.D. Cetin Dogan und der frühere Luftwaffenchef Ibrahim Firtina.

In einem Mammutprozess gegen 196 Angeklagte sollen erstmals in der Geschichte der Türkei Offiziere wegen eines nie ausgeführten Putschplanes zur Rechenschaft gezogen werden. Unter den Angeklagten, von denen sich viele im Ruhestand befinden, sind wohl alle Ränge der türkischen Armee bis hin zu Kommandanten der Teilstreitkräfte vertreten. Für die Armee, die als einzige in der NATO dreimal geputscht hat, kommt das Verfahren einer Götterdämmerung gleich. Es gibt allerdings auch Zweifel an der Anklage.

Diesmal geht es um mutmaßliche Planungen der Armee im Winter 2002/03. Am 2. November 2002 hatte Recep Tayyip Erdogans Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung, die als gemäßigt islamisch gilt, die Parlamentswahlen gewonnen. Das laizistisch orientierte Establishment der Türkei rieb sich die Augen und tröstete sich mit dem halb scherzhaft gemeinten Spruch: »Zur Not gibt es ja noch die Armee.« Die in der Tradition des Staatsgründers Mustafa Kemal...


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