Richterliche Befangenheit

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Man muss nicht über die Weihnachtsmärkte bummeln, um zu merken, dass die vor Wochen ausgegebene Terrorwarnung wohl nicht mehr so ernst genommen wird. Auch auf Bahnsteigen kann man – mangels Mpi-Bewaffneter – eine gewisse Entspannung spüren. Sogar im Bundestag hat man offenbar die höchste Sicherheitsstufe zurückgenommen. Und das wohl nicht nur, weil die meisten Abgeordneten bereits der Hauptstadt entflohen sind. Ausgerechnet in diese Zeit langsamer Normalisierung hinein lässt der Vizechef des Verfassungsgerichts Ferdinand Kirchhof eine politische Bombe platzen. Er plädiert dafür, die Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Innern zu erweitern. Dabei bemüht er nicht einmal – wie viele vor ihm – mögliche Anschläge mit ABC-Waffen. Nein, für ihn ist es schon denkbar, dass die Streitkräfte »bestimmte polizeiliche Aufgaben übernehmen, etwa den Schutz gefährdeter Objekte«. Um, wie er meint, effizienter auf Bedrohungslagen reagieren zu können, sollte über eine Grundgesetzänderung nachgedacht werden.

Was hat Kirchhof geritten, so eindeutig Partei für Sicherheitsfanatiker zu ergreifen, sich für derart befangen zu erklären? Neben Kirchhof ist der christdemokratisch verhaftete Bundesinnenminister de Maizière fast ein Liberaler, denn nicht einmal er verfolgt – zur Zeit – das immer wieder aufgewärmte Ansinnen, Militär in den zivilen Alltag zu treiben. De Maizière wird aber – klug wie er ist – die durch Kirchhof erneut angefachte Debatte dazu nutzen, eigene weit reichende Sicherheitsreformen, die mehr sind als ein Zusammenlegen von Bundespolizei und Bundeskriminalamt, voranzubringen. Und zwar ohne das Grundgesetz anzutasten.

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