17 000 Fässer mit Gift

In Schleswig-Holstein droht ein neuer Skandal

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 2 Min.
In Lübeck und Brunsbüttel lagern illegal hochtoxische Abfälle. Die Zusammensetzung ist zudem unklar.

Die schleswig-holsteinische Umwelt- und Verbraucherschutzministerin Juliane Rumpf (CDU) hat noch nicht einmal den aktuellen Futtermittelskandal abgearbeitet, da landet schon das nächste unangenehme Thema auf ihrem Tisch: In Brunsbüttel und Lübeck lagert illegal Giftmüll aus der Ukraine, von dem keiner so richtig weiß, wie er da hingekommen ist.

Insgesamt sind mehr als 1000 Tonnen hochgiftiger Abfälle aus der Landwirtschaft zur Beseitigung in der Sondermüllverbrennungsanlage Brunsbüttel der Sava GmbH & Co. KG angeliefert worden – in 17 000 Fässern. Doch in dem Unternehmen der Remondis-Gruppe gibt es gar nicht die entsprechenden zugelassenen Lagerkapazitäten. Allein in Brunsbüttel lagern statt erlaubter 150 Tonnen derzeit 950 Tonnen.

Die brisanten Lieferungen begannen am 6. Dezember an. Am 7. Januar folgte die vorerst letzte Ladung. Zur Unterbringung der Fässer wurde zusätzlich das Remondis-Gelände in Lübeck beansprucht – dort lagern jetzt 140 Tonnen. In Lübeck kam es am 9. Januar dann zu einem Schwelbrand, wobei von einer Selbstentzündung eines Fasses ausgegangen wird. Auch in Brunsbüttel ging am 16. Januar ein Fass in Flammen auf. Spätestens danach wurde das Müllproblem aktenkundig und ein Fall für das zuständige Ministerium in Kiel.

Es dauerte noch einmal mehr als eine Woche, ehe der Vorgang aus dem Rumpf-Ministerium publik gemacht wurde. Die Opposition spricht von »Schlamperei« und verlangt eine rückhaltlose Aufklärung. Jetzt musste sich die Umweltministerin im zuständigen Landtagsausschuss bereits einer Menge unangenehmer Fragen stellen, am 9. Februar folgt die nächste Sitzung. Die Staatsanwaltschaft ermittelt ebenfalls, weil sich herausgestellt hat, dass die erforderlichen Begleit- und Transportpapiere der Fässer offenbar falsch deklariert worden sind.

Alles unter Kontrolle?

Beim Einatmen und Berühren der fraglichen Stoffe droht laut Kennzeichnung Lebensgefahr. Aus dem Ministerium kommt die Nachricht, man habe alles unter Kontrolle; es bestehe keine Gefahr für Mensch und Umwelt. Die Genehmigung für das Zwischenlager in Lübeck wurde unterdessen aufgehoben. Da man offenbar aber nicht so schnell weiß, wohin mit dem Gefahrgut – die Verbrennung in Brunsbüttel wird noch etliche Zeit in Anspruch nehmen – lässt man die toxischen Fässer erst einmal, wo sie sind. Rund um die Uhr wird der Müll nun mit Hilfe von Wärmebildkameras überwacht. Rumpf teilte mit, dass weitere Lieferungen im Rahmen dieser Projektes nun erst einmal gestoppt worden seien.

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