Burka im Bürgeramt verboten

Hessen gegen Ganzkörperverschleierung im Öffentlichen Dienst – Niedersachsen will folgen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Soll eine Verwaltung Gesicht zeigen?
Soll eine Verwaltung Gesicht zeigen?

In seiner Haltung zu Muslimen gilt Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) als Hardliner. Jetzt will er das Tragen der Burka im öffentlichen Dienst des Landes verbieten. Erst am Mittwoch hatte sein hessischer Amtskollege und Parteifreund Boris Rhein allen Landesbediensteten das Tragen einer Burka während der Arbeitszeit untersagt.

Beschäftigte im öffentlichen Dienst, so argumentiert Rhein, seien zu religiöser und politischer Neutralität verpflichtet. Die Burka aber sei Zeichen einer Glaubensrichtung und deshalb während der Arbeitszeit nicht akzeptabel. Auch schließe die im westlichen Kulturkreis gewohnte Kommunikation den Blick in das Gesicht und somit die ein Gespräch begleitende Mimik ein. »Mit einer Burka ist dies nicht möglich«, so der Minister. Eine bürgerfreundliche und transparente Arbeitsweise der Verwaltung sei bei einer vollständigen Verhüllung nicht möglich. Darüber hinaus könne die Burka als Ausdruck der Ablehnung der westlichen Werte verstanden werden.

Hintergrund des Verbotes in Hessen war die Ankündigung einer Muslimin, die im Bürgeramt in Frankfurt am Main beschäftigt ist, nach ihrem Elternurlaub in der Burka zur Arbeit zu kommen. Zuvor war sie mit einem Kopftuch zum Dienst erschienen. Offensichtlich hatte damit niemand Probleme. Eine Burka aber – das war dem Personaldezernenten der Stadt, Markus Frank (CDU), zu viel. Mit allen rechtlichen Mitteln wolle er dies verhindern, ließ er sich zitieren. Der Minister hat nun das erforderliche »Mittel« geschaffen.

Im Nachbarland Niedersachsen wurde die Entscheidung offensichtlich gern aufgegriffen. Schünemann, der bekanntlich mit verstärkter Polizeipräsenz die »schleichende Islamisierung« in Großstädten stoppen will, erklärte am Donnerstag: »Burkas und ähnliche Verschleierungen haben im öffentlichen Dienst nichts zu suchen.« Er strebe deshalb für diesen Bereich ein generelles Verbot solcher Verhüllungen an und wolle nun die rechtlichen Regelungen auf den Weg bringen. Das Grundgesetz schütze keineswegs die Vollverschleierung im Öffentlichen Dienst.

Schützenhilfe bekam er von Niedersachsens Integrationsministerin Aygül Özkan (CDU). Sie betonte, die Burka in einem Bürgeramt zu tragen, überschreite das Prinzip der Toleranz. Der Bürger habe Anspruch darauf, dass eine Verwaltung auch Gesicht zeige.

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion in Niedersachsen, Pia Zimmermann, sagte: Als engagierte Frauenrechtlerin lehne sie das Tragen von Burkas entschieden ab. Allerdings sei dies nicht durch Verbote, sondern nur durch eine gesellschaftspolitische Diskussion zu erreichen. Zurzeit gebe es in Niedersachsen gar kein Problem in puncto Burka. »Innenminister Schünemann eröffnet zum wiederholten Mal eine populistische Phantomdebatte.« Diese Ansicht vertritt auch die integrationspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Silke Lesemann. Die Zahl der Burkaträgerinnen in Deutschland sei verschwindend gering, da die Verhüllung von der Mehrzahl der Muslime abgelehnt werde.

Ein Burkaverbot im öffentlichen Dienst stößt in mehreren Bundesländern auf Zustimmung. Allerdings verwiesen mehrere Innenminister darauf, dass keine entsprechenden Fälle in ihrem Land bekannt seien. Auch auf Bundesebene ginge ein Verbot faktisch ins Leere, weil bislang keine vollständig verschleierte Frau im öffentlichen Dienst vorgekommen sei, hieß es in Regierungskreisen.

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