Auch günstige Wohnungen teuer

Laut IBB-Bericht liegen Mieten in Berlin unter denen anderer Großstädte

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 2 Min.
Trotz drastisch gestiegener Mieten wohnt es sich in Berlin im Vergleich zu anderen Großstädten immer noch günstig. So das Fazit des aktuellen Wohnungsmarktberichts der landeseigenen Investitionsbank Berlin (IBB). Demnach müssen Berliner Haushalte im Schnitt 23,6 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufbringen, ähnlich viel wie in Köln, während es in Hamburg und München 24,3 bzw. 25,1 Prozent sind. In Dresden liegt die Mietbelastung mit 22,2 unter der in Berlin.

Zwar seien die Einkommen in Berlin vergleichsweise niedrig, doch werde dies durch die geringen Mieten kompensiert, so Annamaria Schwedt vom Beratungsinstitut empirica, das den Bericht erarbeitet hat. Das Institut ermittelte eine durchschnittliche Bruttokaltmiete in Berlin von 6,35 Euro pro Quadratmeter. In Köln und Hamburg liegt sie mehr als einen Euro, in München sogar drei Euro darüber. Dafür liegt das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen in Berlin bei 1795 Euro, in Hamburg dagegen bei 1957 und in München sogar bei 2285 Euro.

Die Mietbelastung ist allerdings abhängig von der Höhe des Einkommens. Haushalte, die in Berlin lediglich zwischen 700 und 900 Euro zur Verfügung haben, müssen davon 40 Prozent für die Miete aufbringen, in Hamburg und München 45 bzw. 47 Prozent. Es profitieren also alle Mieter von den günstigen Mieten Berlins, so die Studie.

Der Haken: Der Bericht stützt sich auf Daten von 2006, neuere werden erst mit den Erhebungen zum Mikrozensus 2011 erwartet. In dieser Zeit sind gerade in Berlin die Mieten rasant gestiegen, die Einkommen kaum im gleichen Maße. »Es drängt sich der Verdacht auf, dass man mit dem Wohnungsmarktbericht mäßigend auf die Diskussion über die Berliner Mietenentwicklung Einfluss nehmen will, ohne die Verhältnisse wirklich zu kennen«, monierte der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild.

Schwedt glaubt allerdings, dass sich das Verhältnis zwischen den Städten kaum verändert hat, weil die Entwicklungen ähnlich verliefen. Für Berlin ermittelte empirica einen Anstieg der Neuvertragsmieten um stattliche 17 Prozent seit 2004. Und das auf breiter Front, nicht nur in einzelnen Marktsegmenten. Das Maklerunternehmen Jones Lang Lasalle ermittelte, das Berlin im 2. Halbjahr 2010 die höchste Mietpreissteigerung unter acht untersuchten Großstädten aufzuweisen hatte.

Folge: Wer in Friedrichshain- Kreuzberg oder Charlottenburg-Wilmersdorf eine Wohnung sucht, die weniger als sechs Euro netto/kalt pro Quadratmeter kostet, dürfte Probleme bekommen. Nicht mal ein Viertel der Wohnungen fallen in diese Kategorie (siehe Grafik). Die Zahl der Wohnungen, zumal der preisgünstigen, kann mit der wachsenden Nachfrage nicht Schritt halten. »Der geringe Neubau macht sich in steigenden Mietpreisen bemerkbar«, folgert Schwedt und glaubt, dass sich durch mehr Wohnungsbau der Mietenanstieg begrenzen lässt.

Der Mietervereinschef hält das angesichts von Mietpreisen von zehn Euro pro Quadratmeter im Neubau für keine Lösung. Viel wichtiger sei es, die weitere Verringerung des preisgünstigen Mietwohnungsbestandes zu verhindern. Wild: »Wir benötigen dringend ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in Gewerbe oder Ferienwohnungen, die konsequente Verfolgung von spekulativem Leerstand und den Ausschluss von Umwandlungen in Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten.«

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