Traum vom Baden in der Spree rückt näher

Pilotprojekt für einen Unterwasser liegenden Überlauftank an der Oberbaumbrücke ab April

  • Andrea Barthélémy, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
2007 sollte der Startschuss für Spree2011 fallen – nach langem Vertragsärger gibt es jetzt grünes Licht für das Forschungsprojekt, das die Spree langfristig wieder zum Badegewässer machen könnte.

Sommer in Berlin und ein Bad in der Spree? Bisher ist das Zukunftsmusik. Doch der Traum vom sauberen Flusswasser mitten in der Stadt ist ein Stück näher gerückt. Nach jahrelangem Ringen kann im Sommer mit dem Bau einer Pilotanlage von »Spree2011« begonnen werden: Ein Tank aus riesigen Kunststoffröhren, auf dem Grund des Berliner Osthafens angebracht, soll dann ab September zeigen, was in ihm steckt – als riesiges Regenüberlaufbecken, das bei Wolkenbrüchen volllaufen und dann wieder leergepumpt werden kann. 500 Kubikmeter schmutziges Mischwasser finden in der Testanlage Platz, die nun zwei Jahre lang erprobt werden soll.

»Wir freuen uns, dass es nun endlich grünes Licht gibt«, sagt Stephan Natz, Sprecher der Berliner Wasserbetriebe, die das mit Bundesgeldern unterstützte Projekt betreiben werden. Ursprünglich sollte es schon 2007 losgehen. Auch das Aufatmen von »Spree2011«-Initiator Ralf Steeg von Luri Watersystems ist am Telefon förmlich zu hören: »Die Verträge mit dem Grundstückseigentümer und den Wasserbetrieben sind unterschrieben. Jetzt liegen alle Unterlagen den Genehmigungsbehörden vor. Bis April werden wir damit durch sein«, sagt der Ingenieur. Seit Jahren kämpft er für das Projekt, mit dem Berlin unter anderem auf der Weltausstellung in Shanghai 2010 für sich warb und an dem auch andere Großstädte in Deutschland und Nordamerika Interesse bekunden. Doch die Grundstückseigentümerin, die landeseigene Hafen- und Lagerhausgesellschaft Behala, zog nicht mit.

»Dieses Grundstück steht ja zum Verkauf. Es liegt in einer 1A-Wasserlage direkt an der Oberbaumbrücke. Eine Forschungsstation direkt davor mindert natürlich den Wert«, sagt Behala-Geschäftsführer Peter Stäblein. Erst nach langen Verhandlungen gab es Ende 2010 nun doch eine Einigung. »Falls das Pilotprojekt sich bewährt, muss in zwei Jahren neu darüber verhandelt werden, wie es weitergeht«, sagt Stäblein. Bis dahin läuft die Pilotanlage quasi im Untergrund und muss auf ein ursprünglich geplantes »Sahnehäubchen« in Form eines Ponton-Cafés, eines Solarboot-Verleihs oder einer Oberflächenbegrünung verzichten. »Wir konzentrieren uns jetzt erstmal auf die Technik – die muss funktionieren«, sagt Steeg.

Das Innenleben der drei nebeneinander liegenden Röhren von knapp 50 Meter Länge und je zwei Metern Durchmesser ist hochkomplex: Zusammen mit Spezialisten der TU Berlin wurden Pump- und Reinigungsmechanismus für die Rohre aus glasfaser-verstärktem Kunststoff entwickelt, denen ein umliegendes Stahlgerüst zusätzlichen Halt gibt. Über der Wasseroberfläche sind nur zwei Stahlträger zu sehen, mit deren Hilfe der Tank am Grund bleibt. Die Entwickler schätzen, dass das Reservoir bis zu 30 Mal im Jahr volllaufen wird.

»Selbst wenn die Kapazitäten nicht ausreichen und das Wasser an den Überlaufventilen der Tanks direkt in die Spree austritt, liegt der Reinigungseffekt allein durch das Durchfließen schon bei 50 bis 80 Prozent«, sagt Steeg. In Berlin gibt es zahlreiche große Regenüberlaufbecken, aber ihr unterirdischer Bau ist oft sehr aufwändig. »Mit den Tanks im Wasser kommt man rund 25 Prozent günstiger weg«, ist Steeg überzeugt. Das könnte sich schnell lohnen, denn in Berlin fehlen noch fast 90 000 Kubikmeter Speicherkapazität für Starkregen.

Bis 2020 wollen Land und Wasserbetriebe die geplante Marke von 302 000 Kubikmetern erreichen. Problem ist – wie in vielen Innenstädten – die Mischwasserkanalisation, bei der sich nach Wolkenbrüchen das schmutzige Regenwasser mit dem Abwasser vermischt und dann durch Regenüberläufe ungeklärt in die umliegenden Gewässer fließt. Allein 14 solcher Auslässe gibt es an der Spree zwischen Elsenbrücke und der Schleuse Mühlendamm. Wären überall dort Speichertanks, womöglich sogar noch mit einer integrierten Pflanzenkläranlage an der Oberfläche, so die Vision der Entwickler, stünde einem Bad in einer sauberen Spree tatsächlich nichts mehr entgegen.

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