Sizilianische Verhältnisse am Alpenrand

Kommunalwahl in Dachau wird wiederholt/Korruptionsverdacht in Starnberg

  • Peter Richter
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Während Edmund Stoiber durch die Lande tourt und sich als der bessere Kanzler anpreist, bekommt die Skandalchronik seines Heimatlandes immer neue Seiten.

Nun muss wohl in Dachau doch alles neu gewählt werden. Nachdem der lange Weg durch die Instanzen am Mittwoch dazu führte, dass die Stadtrats- und Kreistagswahlen offiziell für ungültig erklärt wurden, soll nun auch die OB-Wahl wiederholt werden. Dagegen hatte sich die CSU lange gesträubt, was mehrfach zu Tumulten im Stadtrat führte. Ihr Oberbürgermeister Peter Bürgel hatte zwar nur mit 73 Stimmen Vorsprung gegen seinen Vorgäner Kurt Piller von der »Überparteilichen Bürgergemeinschaft« gewonnen, sah dennoch aber keinen Grund zum Rücktritt. Unterstützt wurde er dabei von höchsten CSU-Kreisen. Mehrfach lehnte Innenstaatssekretär Hermann Regensburger die Wiederholung der OB-Wahl ab, dafür reiche der bloße Verdacht von Unregelmäßigkeiten nicht aus. Und der oberbayerische CSU-Bezirksvorsitzende Alois Glück, zugleich Fraktionsvorsitzender im Landtag, sprang ihm bei. Tatsächlich jedoch waren 404 Stimmzettel der Stichwahl in einem Altpapiercontainer gefunden worden - klarer Hinweis auf eine Manipulation. Das mussten inzwischen auch die Behörden konstatieren. Es gebe konkrete Anhaltspunkte, dass auch bei dem Stichentscheid um den OB-Posten Wahlvorschriften verletzt worden seien, hieß es jetzt aus der Bezirksregierung Oberbayerns. Dennoch tut die Landes-CDU so, als habe sie mit dem Wahlfälscherskandal in Dachau nichts zu tun. Es hatte schon kurz nach der Kommunalwahl am 3. März damit begonnen, dass 3500 Briefwahlscheine verschwunden waren und 740 weitere deutliche Anzeichen einer Fälschung aufwiesen. Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt ermittelten, die CSU-Stadträte Wolfgang Aechtner und Georgios Trifinopoulos wurden festgenommen, sind inzwischen aber gegen Kaution wieder frei. Weil Aechtner außerdem aus der CSU austrat, erklärte deren Generalsekretär Goppel, seine Partei habe mit der Sache »immer weniger« zu tun. Das Abschieben der Verantwortung auf andere ist für Edmund Stoiber zu einem Markenzeichen geworden, das auch für diesen Fall uneingeschränkt gilt. Empörung herrscht in der CSU nicht etwa über die Wahlfälschung, sondern über harsche Kommentare der SPD, die von »organisierter Kriminalität« spricht und Stoiber und Innenminister Beckstein als »Paten« bezeichnete. Den Anstrich sizilianischer Verhältnisse hat auch die Affäre um die 100000 Mark, die der CSU-Landtagsabgeordnete Klaus Gröber bereits vor Jahren von einem großen Immobilienbesitzer seiner Heimatgemeinde Berg als Spende entgegennahm, jedoch nicht an seine Partei weiterleitete. Erst als der Spender Siegfried Genz, der am Starnberger See lukrative Grundstücke besitzt und dort auch schon mal ungenehmigte Bauten errichtete, durchblicken ließ, dass auf seiner Spendenliste auch ein Vermerk »100000 Mark Dr. Gröber CSU (persönlich)« stehe, zahlte dieser die Summe, umgerechnet in 51130 Euro, bei der CSU ein. Er habe den Wunsch des Spenders respektiert, nicht genannt zu werden, argumentierte er wie Helmut Kohl. Und deshalb die Spende, die wegen ihrer Höhe im Rechenschaftsbericht der CSU hätte genannt werden müssen, nicht weitergeleitet. Der Partei war diese Sache aber doch zu heiß, weshalb sie ihm das Geld postwendend zurückschickte. Es sei »als Bestandteil des Privatvermögens von Herrn Dr. Klaus Gröber zu werten«. Die von Genz erwartete Leistung erbrachte Gröber dennoch. Mehrfach setzte er sich vehement dafür ein, dass Schwarzbauten des Grundstücksbesitzers nicht abgerissen werden. Natürlich ohne jeden Nebenzweck. »Nicht nur ich, sondern auch die Mehrheit in der CSU haben die meisten Ihrer Ziele in Berg aus Überzeugung unterstützt«, schrieb er dem Gönner jetzt zur Erklärung seines Verhaltens. Gröber trat inzwischen als Ortsverbandsvorsitzender zurück und aus der CSU aus - zu deren Erleichterung. Landtagsabgeordneter aber will er bleiben. Schließlich habe ja auch Helmut Kohl sein Bundestagsmandat behalten...

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