Von Nord geradeaus, von Süd nach Süden

Lärmkommission einigte sich auf Kompromiss zu ersten Kilometern der BBI-Flugrouten

  • Burkhard Fraune, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach langen Diskussionen hat sich die Fluglärmkommission auf einen Kompromiss geeinigt. Doch ihr Votum ist nur ein Vorschlag – und der umfasst nur die ersten Flugkilometer. Doch im Streit um die Flugrouten nimmt die mögliche Lösung damit immer schärfere Konturen an. Berlin-Lichtenrade kann aufatmen, möglicherweise auch der gesamte Südwesten Berlins.

In Brandenburg dagegen überfliegen die Maschinen vom künftigen Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) andere Gemeinden als jahrelang angenommen. Der Südosten Berlins ist nach wie vor betroffen. Das folgt aus dem Routen-Vorschlag, auf den sich die Fluglärmkommission am Montag in Schönefeld geeinigt hat. Konkret wurde Folgendes vereinbart:

Auf der Nordbahn starten die Flugzeuge in beiden Richtungen geradeaus, nach Westen gibt es nur einen leichten Nordknick.

Für die Südbahn soll künftig gelten: Die Maschinen nach Westen drehen um 15 Grad oder mehr nach Süden ab. Nach Osten schlagen sie sogar eine scharfe Rechtskurve ein. Dort soll aber zusätzlich eine Ausnahmegenehmigung für Geradeausflüge beantragt werden.

Dieser Vorschlag beschränkt sich auf Flughöhen bis gut 1500 Meter, darüber dürfen die Flugrouten auffächern, auch in Richtung Berlin. »Der Rat der Fluglärmkommission endet südwestlich von Großbeeren«, verdeutlichte der Berliner Chef der Flugsicherung, Hans Niebergall. Die Kommission will am 11. April besprechen, wie die weitere Streckenführung »im Rahmen des Betriebsmanagements« optimiert werden kann.

Das Votum des Gremiums hat großes Gewicht, es ist für die Behörden aber nicht bindend. Das letzte Wort hat das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung, das kurz vor der für Juni 2012 geplanten Öffnung des Flughafens Routen festlegt. Der Vorschlag vom Montag soll voraussichtlich Dienstag im Internet einsehbar sein.

Die Berliner Staatssekretärin Maria Krautzberger (SPD) reagierte erfreut: »Nach der jetzigen Diskussion können die südwestlichen Berliner Bezirke davon ausgehen, dass sie nicht überflogen werden.« Die entsprechenden Vorschläge der Flugsicherung vom September seien vom Tisch.

Die Vorsitzende der Bürgerinitiative Keine Flugrouten über Berlin, Marla Bone-Winkel, war zurückhaltender. Es sei noch immer möglich, dass der Wannsee überflogen wird, kritisierte sie an dem Kompromiss.

Flughafen-Chef Rainer Schwarz begrüßte den Vorschlag der Kommission. »Ich bin sehr zufrieden. Wir haben das beschlossen, was immer diskutiert wurde«, sagte er. »Der Parallelbetrieb ist auf jeden Fall gewährleistet.« Um auf beiden Bahnen des Flughafens unabhängig voneinander Flugzeuge abheben zu lassen, müssen die Flugrouten aus Sicherheitsgründen um mindestens 15 Grad voneinander abweichen – diese Regelung ist der Ursprung des Flugroutenstreits. Die Betreiber halten den Parallelbetrieb zumindest in Spitzenzeiten für notwendig, um mehr Maschinen abfertigen zu können.

Der Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, Ekkehard Band (SPD), wollte am Montagabend den Lichtenradern die Nachricht überbringen, dass sie voraussichtlich Glück haben. Dort wollten wieder Fluglärmgegner demonstrieren. »Dieser Vorschlag ist ein Erfolg«, sagte Band. »Das ist nicht nur schön für Lichtenrade, sondern auch sachgerecht.«

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) begrüßte die neuen Ergebnisse der Flugroutenkommission am Montag ausdrücklich. Die Flugrouten-Debatte sei jetzt auf dem richtigen Weg, teilte das Presseamt des Senats mit.

Wie Wowereit sagte, habe sich die »nicht zuletzt durch die zahlreichen Bürgerinitiativen angestoßene und von den beiden Landesregierungen in Berlin und Brandenburg unterstützte intensive Diskussion der Flugrouten gelohnt«. Die Lärmbelästigung der Menschen werde möglichst gering gehalten. Beide Landesregierungen würden nun dafür werben, dass die Deutsche Flugsicherung zügig auf der Basis des Votums der Kommission entscheidet.

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