Jenseits der Fernbahn

Franken und Sachsen fordern Elektrifizierung

  • Manfred Präcklein, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Die ICE-Züge auf der Franken-Sachsen-Magistrale sind Geschichte, die laufende Elektrifizierung zwischen Reichenbach und Hof nur ein erster Schritt. Franken und Sachsen kämpfen weiter für den vollständigen Lückenschluss im elektrischen Schienennetz der Bahn.

Hof/Reichenbach. Vor zehn Jahren schien ein vordringliches Ziel des sächsisch-bayerischen Städtenetzes erreicht. Mit dem eigens für die Franken-Sachsen-Magistrale gebauten Diesel-ICE mit Neigetechnik wurden die Städte Bayreuth, Hof, Plauen, Zwickau und Chemnitz 2001 endlich an das Fernverkehrsnetz angeschlossen. Doch der Jubel wich schnell der Ernüchterung. Nach einer Serie von Pleiten, Pech und Pannen zog die Deutsche Bahn die ICE TD-Züge nach nur zwei Jahren wieder aus dem Verkehr. Seither zählt eine bessere und schnellere Schienenverbindung wieder zu den wichtigsten Forderungen – nicht nur der fünf Kommunen.

Nur mit Neigetechnik

Eine durchgehende Elektrifizierung der Strecke ist aus Sicht der Oberbürgermeister unabdingbare Voraussetzung für einen konkurrenzfähigen, wirtschaftlichen und ökologischen Betrieb im Fernverkehr wie im Güterverkehr. Ziel ist eine Fahrzeit von weniger als vier Stunden auf der 390-Kilometer-Strecke zwischen Nürnberg und Dresden. Das ist auf der kurvenreichen Gebirgsstrecke aber nur mit Neigetechnikzügen und weiterem Streckenausbau zu erreichen.

Bislang hängt lediglich zwischen Dresden und Reichbach ein Fahrdraht über den Schienen. Die derzeit laufende Elektrifizierung des 73 Kilometer langen Abschnitts ist deshalb auch nur ein erster Schritt. Das Städtenetz pocht wie der Verkehrsverband Nordostbayern, ein Zusammenschluss aus Kommunalpolitikern und Unternehmern, auf die schnelle Weiterführung der Elektrifizierung über Marktredwitz nach Nürnberg und Regensburg. Die Strecke Hof-Nürnberg ist zwar nach Angaben des Konzernbeauftragten der Deutschen Bahn für Bayern, Klaus-Dieter Josel, ebenso wie die Linie Marktredwitz-Eger im Bundesverkehrswegeplan als vordringlicher Bedarf eingestuft. Die Finanzierung steht aber noch in den Sternen. Die Kosten für den 167 Kilometer langen Abschnitt Hof-Nürnberg mit zahlreichen Tunneln werden auf knapp eine halbe Milliarde Euro geschätzt.

Die 120 Millionen Euro für die Oberleitung Reichenbach-Hof stammen großteils aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung. Mit der Maßnahme wurde im Sommer 2010 am Göltzschtalviadukt begonnen, der größten Ziegelbrücke der Welt. Mittlerweile sind die Arbeiten auch auf bayerischer Seite angelaufen.

Das Projekt ist eng verknüpft mit dem 1438 Meter langen Leipziger Citytunnel, der nur mit elektrischen Lokomotiven oder Treibwagen befahren werden darf. Bislang müssen Züge aus Südwestsachsen und Nordbayern im weiten Bogen die Messestadt umfahren, bis sie aus nördlicher Richtung den alten Kopfbahnhof der Messestadt erreichen. Ab Dezember 2013 können Züge aus Hof, Plauen, Reichenbach und Zwickau auf direktem Weg von Süden in den Leipziger Hauptbahnhof einfahren.

Fragwürdiger Zeitgewinn

Jan Mücke, der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, rechnet mit Fahrzeitgewinnen um 15 bis 20 Minuten. Allerdings müssen Reisende aus dem Norden und Osten Bayerns dann in Hof umsteigen. Bis zum kompletten Lückenschluss im elektrischen Netz der Bahn wird der Franken-Sachsen-Express zwischen Hof und Dresden weiter mit dieselbetriebenen Neigetechnikzügen betrieben werden müssen, um die Fahrzeit von derzeit 4 Stunden und 15 Minuten einhalten zu können. Eine Rückkehr zum Fernverkehr auf der Strecke Nürnberg-Dresden ist nach Ansicht von Felix Reichstein vom Verkehrsverband Nordostbayern derzeit nicht absehbar.

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